"Es dürfte nur schwer zu erreichen sein, Psychopathen im Top-Management zu verhindern. Zumal besonders erfolgreiche Entscheidungsträger mit dysfunktionalen psychopathischen Zügen mutmaßlich andere Menschen mit ähnlicher Persönlichkeitsstruktur nachziehen. Psychopathisch gefärbtes Verhalten in subklinischer Form wird - in gewissem Umfang - geradezu von Top-Managern erwartet und ist somit hilfreich für den Managementerfolg," berichten die Psychologen.
"Selbst offensichtlich pathologische Verhaltensweisen werden bei Top-Managern geduldet oder sogar goutiert; offensichtlich dysfunktionales Verhalten wird von der Organisation mit dem Schema ´Besondere Menschen zeigen besonderes Verhalten´ erklärt. Insofern ist es auch aufgrund der organisationellen Dynamik schwierig, Personen mit psychopathischen Tendenzen rechtzeitig zu detektieren und deren weiteren Aufstieg zu verhindern - jedenfalls nicht, ohne ´das Kind mit dem Bade auszuschütten´ und zugleich die mutigen, kompetitiven, besonders motivierten Kandidaten mit starkem Führungswillen auszusortieren. Zudem dürfte es diagnostisch nicht einfach sein, Psychopathen zu identifizieren, da diese zumeist sozial geschickt sind, ihre destruktiven Facetten zu vertuschen, und sich manche sogar ´auf Knopfdruck´ empathisch verhalten können," urteilen Hossiep und Ringelband.
Selten erhalten Top-Manager ehrliches, realistisches Feedback. Das Umfeld tendiert im Sinne der "Vorgesetztenpflege" dazu, "im Wesentlichen nur konsonante, stimmige und positive Informationen" weiterzuleiten, d.h. einen Realitätsverlust für den Chef zu programmieren. "Manager können am Erfolg scheitern, wenn er ihnen buchstäblich zu Kopfe steigt, sie Bodenhaftung verlieren und Wahrnehmungsverengungen erleiden. Produziert ihr sozials Umfeld idealisierende Spiegeleffekte, welche sie gern übernehmen, so entstehen regelrechte ´Scheinriesen´ infolge maßloser Selbst- und Fremdüberschätzung, die unfähig zu selbstkritischer Selbstprüfung sind," beobachtet Professor Dr. Fritz Westermann (Hamburg).