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Soziale Angststörung: Prozessbasierte Therapie bietet die höchste Effektivität

Mehr als zwei Prozent der Bevölkerung leiden unter sozialen Angststörungen. Die neu entwickelte, schulenübergreifende Prozessbasierte Psychotherapie bietet erfolgreiche Behandlungsmöglichkeiten. Prof. Dr. Ulrich Stangier (Frankfurt/M.) stellt sie in der Fachzeitschrift "Verhaltenstherapie & Verhaltensmedizin" vor.

Als Störungsursache wird ein maladaptives Muster in psychischen und psychosozialen Prozessen angenommen. Daher beginnt die Therapie mit einer detailgenauen Erfassung störungsrelevanter Ereignisse im Lebensalltag; relevant ist das dynamische Wechselspiel von Kernprozessen auf kognitiver, emotionaler, behavioraler, sozialer und physiologischer Ebene. "Diese Prozesse bilden durch ein Netzwerk wechselseitiger Verstärkung und Aufrechterhaltung ein stabiles und rigides Muster von Symptomen. Das Modell verzichtet dabei auf die Annahme einer latenten Krankheit. Stattdessen wird durch Selbstbeobachtung ermittelt, welche Prozesse eine zentrale Rolle in der Aufrechterhaltung der Angststörung spielen."

Sind die individuellen Störungsmechanismen sichtbar, lassen sich die passgenauen Interventionen planen. Stangier geht davon aus, "dass eine flexible, individualisierte Therapie, die neben individueller Modellbildung gleichzeitig evidenzbasiertes Störungs- und Behandlungswissen berücksichtigt, die höchste Effektivität bieten sollte." 

Allerdings ist etabliertes "Behandlungswissen" u.U. neu zu bewerten. "Die Wirkung von Exposition z.B. wurde ursprünglich mit Habituation begründet. Hieraus resultierte die bis heute weit verbreitete therapeutische Strategie, bei Konfrontation mit der angstauslösenden Situation eine maximale emotionale Aktivierung zu erreichen und PatientInnen dazu zu motivieren, in der Situation zu bleiben, bis Gewöhnung eintritt. Dieses Wirkprinzip hat sich jedoch in der Behandlung sozialer Angststörungen als wenig effektiv erwiesen. Experimentelle Studien zeigen, dass Inhibitionslernen und nicht Habituation das Wirkprinzip von Expositionen bei Angststörungen ist und dass Inhibitionslernen vor allem von kognitiven Verarbeitungsprozessen vor, während und nach der Aktivierung der Angst abhängt.

Darüber hinaus können unterschiedliche Techniken die gleichen Wirkmechanismen auslösen. Ein Beispiel wäre die Veränderung der Bewertung des eigenen Verhaltens als peinlich; dies könnte durch Exposition (Konfrontation ohne explizite kognitive Interventionen), aber auch durch Sokratischen Dialog oder Verhaltensexperimente erreicht werden, wenn auch möglicherweise mit unterschiedlicher Effektivität. Anderseits können durch eine Intervention unterschiedliche Wirkmechanismen in Gang gesetzt werden; Verhaltensexperimente führen z.B. gleichzeitig zu einer emotionalen Aktivierung, veränderten Aufmerksamkeitslenkung und zu einer Umbewertung der Peinlichkeit eigenen Verhaltens." Detailliert bietet Stangier einen Überblick über die wichtigsten evidenzbasierten Interventionen und zugrunde liegenden Wirkmechanismen für die Behandlung der Sozialen Angststörung. 

 

Ulrich Stangier: Prozessbasierte Therapie der Sozialen Angststörung.
In: Verhaltenstherapie & Verhaltensmedizin, Themenausgabe Angststörungen.
https://www.psychologie-aktuell.com/journale/verhaltenstherapie/bisher-erschienen/inhalt-lesen/2023-1-2-1.html
Pabst, 232 Seiten, ISBN 978-3-95853-890-0 




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