Alarmierend war: Immer häufiger mussten Patienten ohne Therapieerfolg entlassen werden, weil die Unterbringungszeit juristisch als unverhältnismäßig lange galt. Die Betroffenen waren "sehr viel häufiger Personen mit diagnostizierten Persönlichkeitsstörungen und Paraphilien sowie Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung." In den drei Jahren nach ihrer Entlassung wurden aus dieser Gruppe etwa 30% wieder straffällig - im Gegensatz zu etwa 10% der Patienten, die wegen eines günstigen Therapieergebnisses die Klinik verlassen konnten.
Insgesamt 15 forensische Einrichtungen in Nordrheinwestfalen arbeiten an der Qualitätsoffensive mit zusätzlichen Fachkräften. Die Schwerpunkte:
- Optimierungen im Aufnahmebereich: Zeitnahe und umfassende forensische Fallkonzeptionalisierung; frühzeitige Identifikation von geeigneten Personen für die Steigerung von Entlassungen; intensive soziale Diagnostik im Hinblick auf eine frühe Entlassperspektive; frühzeitiger Behandlungsbeginn durch den Einsatz der (evidenzbasierten) therapeutischen Maßnahmen unabhängig vom Rechtsgrund der Unterbringung
- Optimierung im Bereich der (Regel-)Behandlung: Intensivierung der Behandlungsangebote an Personen mit psychotischen Störungen und Persönlichkeitsstörungen; Implementierung neuer und Intensivierung bewährter sozio- und milieutherapeutischer Konzepte; Ausweitung der Frequenz begleitender Ausgänge
- Optimierung im Bereich Rehabilitation: Frühzeitigere Überleitung in ein extramurales Setting; frühzeitiger und verstärkter Austausch mit potenziellen Nachsorgeträgern; frühzeitiger Kontakt zwischen PatientInnen und Ambulanzen; frühzeitigere Beratung des stationären Behandlungsteams über Möglichkeiten der ambulanten Unterbringung und Behandlung durch Ambulanzen; intensivere und frühzeitigere Unterstützung in den Bereichen Arbeit, Wohnen und Freizeit
Carmen Gey-von Danwitz, Tilmann Hollweg:
Vermeidung unverhältnismäßig langer Verweildauern bei Unterbringungen gem. §63 StGB:
Ein neues Projekt der Qualitätsoffensive in NRW.
In: Forensische Psychiatrie und Psychotherapie 2023/2
https://www.psychologie-aktuell.com/journale/forensische-psychiatrie/bisher-erschienen/inhalt-lesen/2023-2-3.html