"Jugendkulturen befriedigen das Bedürfnis nach temporären Beziehungsnetzwerken, sie bringen Ordnung und Orientierung in die überbordende Flut neuer Erlebniswelten und füllen als Sozialisationsinstanzen das Vakuum an Normen, Regeln und Moralvorräten aus, das die zunehmend unverbindlichere, entgrenzte und individualisierte Gesamtgesellschaft hinterlässt. Sie sind Beziehungsnetzwerke, bieten Jugendlichen eine soziale Heimat, eine Gemeinschaft der Gleichen."
In seiner Themenausgabe "Jugendkulturen" bietet "Psychologie & Gesellschaftskritik" einen breiten Focus, der bis zur Szene am Berliner Bahhof Zoo reicht; nach einer langen Phase teilnehmender Beobachtung kommt Stephan Thomas zu der Analyse: "Das spontane Weben des informellen Netzwerks am Bahnhof Zoo eröffnet einen Sozialraum, in dem die intersubjektive Bezogenheit im Sehen und Gesehenwerden sowie Sprechen und Gehörtwerden die Erfahrungsmöglichkeit gegenseitiger Anerkennung und Wertschätzung eröffnet.
Der Bahnhof wird für die jungen Menschen zu einem Ort der Selbstbehauptung. In ganz elementarer Weise erlaubt dies die Rekonstruktion verloren gegangener Lebensbezüge und Einbindungsformen. Hierüber werden die Gesprächszirkel, die sich täglich über den Bahnhof verstreuen, zu positiven Aushandlungsfeldern von Identität... Auf diesen Minispielfeldern sozialen Wettstreits, wo jeder seinen Einsatz wagen kann, geht es um nichts weniger als um Ansehen, Respektabilität und Anerkennung."
Klaus Farin äußert sich ähnlich: "Respekt ist nicht zufällig ein Schlüsselwort fast aller Jugendkulturen. Respekt, Anerkennung ist das, was Jugendliche am meisten vermissen, vor allem von Seiten der Erwachsenen. Viele Erwachsene, klagen Jugendliche, sehen Respekt oft als Einbahnstraße. Sie verlangen von den Jüngeren, was sie selbst nicht zu gewähren bereit sind ..."
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