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Psychoanalyse: Mit Verachtung die gefährdete Handlungsfähigkeit sichern

Verachtung ist ein "Mischgefühl" - ähnlich den Emotionen Ekel und Ärger. "Verachtung stellt eine emotionale Haltung mit verschiedenen Handlungsdispositionen dar, die sich in zwei denkbare Richtungen entwickeln kann," reflektiert Marie-Sophie Löhlein (Sigmund Freud Institut Frankfurt) in ihrer Studie "Von 'kalter' zu 'heißer' Verachtung", veröffentlicht in der Fachzeitschrift "Psychoanalyse - Texte zur Sozialforschung".

"Obgleich Verachtung in der psychoanalytischen Sozialpsychologie bislang wenig Beachtung fand, sticht sie unter den Aggressionsaffekten hervor: Das Verachtungsgesicht ist durch eine interessante Indifferenz gekennzeichnet, es drückt keinen eindeutig identifizierbaren emotionalen Zustand aus.

Verachtung kann entweder Konflikte entschärfen, indem sie sie rationalisiert und so zu einer Abkühlung von Situationen mit hohem Eskalationspotential beiträgt. Oder sie kann reemotionalisiert werden und so zu einem gefährlichen Mechanismus transformieren, der die Zustimmung einer Normgruppe zum Ausschluss 'verachtenswerter' Objekte auf kollektiver Ebene erzeugt ..."

"'Zu verachten' ist eine emotionale Haltung, die insofern deeskalierend wirkt, als sie es dem individuellen Subjekt ermöglicht, in einer Situation der Hilflosigkeit handlungsfähig zu bleiben, den eigenen Selbstwert zu stabilisieren und sich dabei gleichzeitig konform zu der herrschenden Emotionskultur seiner Normgruppe zu verhalten.

Auf der kollektiv geteilten Ebene, wenn die Verachtung als kognitiver Unterbau Ärger und Ekel als scheinbar 'natürliche' Abwehr gegen entwertete, strukturell schwächere Gruppen legitimiert, entfaltet sie ihre destruktive Disposition."

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