NEWSBÜCHERJOURNALEONLINE-SHOP



 

Sie befinden sich hier: NEWS » Aktuelle News Psychologie » News lesen

« zurück

Psychoanalyse: Autobiografisches Erzählen stiftet Sinn und heilt psychische Wunden

Autobiografisches Erzählen kann zur Bewältigung kritischer Lebensereignisse beitragen. Wie ist dies möglich? Geneviève Grimm-Montel und Thomas Seeholzer analysieren in einer Studie Aspekte der Narration und deren integrierende Wirkung. Die Arbeit erschien in der Fachzeitschrift Psychoanalyse - Texte zur Sozialforschung, Nr. 30, herausgegeben von Brigitte Boothe und Kolleginnen (Zürich).

Kritische Lebensereignisse sind u.a. dadurch gekennzeichnet, dass sie "Stadien des relativen Ungleichgewichts (…) zwischen Person und Umwelt dar(stellen)." Ereignisse werden dann besonders kritisch, wenn sie viele Lebensbereiche betreffen, unkontrollierbar sind und zentrale Anliegen beeinträchtigen.

Gerade der mangelnden Kontrollierbarkeit setzt das autobiographische Erzählen einiges entgegen, denn "in dem Herstellen einer narrativen Struktur, dem Schaffen eines Orientierungsrahmens, dem hinreichenden Plausibilisieren eigener Handlungen und Motive, der Integration evaluierender und emotional qualifizierender Elemente sowie dem Schließen zu einer Gestalt" sehen Grimm-Montel und Seeholzer Möglichkeiten der Verarbeitung des Erlebten.

Zugleich bietet die Erzählung die Möglichkeit einer Neubewertung und wirkt sinnstiftend: "Der mentale Prozess des sich Erinnerns, des Rückblickens und der Bewertung vergangener Erfahrungen (bekommt) eine stabilisierende und integrierende Funktion dadurch, dass zurückliegende Lebenserfahrungen im Hinblick auf aktuelle Entwicklungsaufgaben bewertet werden."

Anhand eines Interviewprojekts im Psychologischen Institut der Universität Zürich untersuchten Grimm-Montel und Seeholzer die narrative Darstellung von kritischen Lebensereignissen bei älteren Menschen. Unter Anwendung der psychoanalytisch orientierten Erzählanalyse JAKOB zeigen sie an einem konkreten Beispiel den Unterschied zwischen der Erzählung über die Katastrophe und der Erzählung über die Bewältigung:

Eine Seniorin erinnert sich in drei Erzählsequenzen an den Verlust ihres Kindes, an den Beginn ihrer Verarbeitung und an eine spätere Szene, in der sie versucht, den Erlebnissen einen Sinn abzuringen. Die in der Erzählanalyse JAKOB als Analyseschritte definierten Kriterien Akteurschicksal, Zentrierung, Selbstpräsentation und Sein zeigen dabei deutlich Veränderungen von einer Erzählsequenz zur nächsten und ermöglichen, konkret zu benennen, wie sich das Selbstbild ändert.

Eingebettet ist der Beitrag "Autobiografisches Erzählen als Ressource zur Bewältigung kritischer Lebensereignisse" in eine Sammlung von 25 Artikeln zum Themenkomplex "Psychoanalyse in Forschung und Praxis" - publiziert in Psychoanalyse Nr. 30.

Die AutorInnen  setzen damit Ihre Publikation aus 2009 fort; Psychoanalyse Nr. 23 fokussierte auf das Schwerpunktthema "Erzählen, Träumen und Erinnern - Erträge klinischer Erzählforschung" .  M.W.

zum Journal




alttext    

 

Aktuell

Socials

Fachzeitschriften