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Pfarrerskinder in der DDR: eine diskriminierte, aber erfolgreiche Elite

04.04.2021 Pfarrerskinder waren in der DDR einerseits durch das Bildungsangebot und das anspruchsvolle Selbstverständnis im Elternhaus privilegiert. Doch anderseits wurden sie unterprivilegiert, da die SED-Führung ihnen höhere Bildungsabschlüsse kategorisch zu verweigern versuchte. Dennoch gelang es der Mehrheit der Pfarrerskinder auf verschiedensten Umwegen, sich überdurchschnittlich zu qualifizieren. Dr. Angela Merkel war keine Ausnahme. Der Kultursoziologe Dr. Thomas Prennig analysiert die überraschenden Befunde in einem Beitrag in "Psychologie und Gesellschaftskritik".

 

 

Der Autor identifiziert bei den DDR-Pfarrerskindern sechs unterschiedliche Typen. Insgesamt stellt er fest: "Der parteipolitische Angriff auf das historisch bedingte Selbstverständnis von Pfarrfamilien begünstigte geradewegs die Etablierung einer kollektiven Identität, die sich vordergründig über Traditionen definierte und die es Pfarrerskindern ermöglichte, trotz aller Hindernisse die anvisierten Bildungsabschlüsse anzustreben. Der Versuch der öffentlichen Entwertung eines historischen Familienhabitus führte letztendlich nicht zu einem tatsächlichen Positionswechsel in dem Sinn, dass Pfarrerskinder widerstandslos auf höhere Bildung verzichteten.

Das engmaschige Netz staatlicher Organisationen ließ die Bemühungen von Pfarrerskindern um Bildungsabschlüsse immer wieder ins Leere laufen. Dies führte jedoch in den seltensten Fällen dazu, dass Pfarrerskinder ihre Ambitionen endgültig aufgaben. Oft wurden Nischen gefunden, wie zum Beispiel das Abitur in der Abendschule oder Studiengänge, bei denen kein Abitur notwendig war. Der Aufwand war dabei oft immens und trug durch die Artikulation eines gemeinsamen Interesses zur Konsolidierung einer genuinen Identität als Gruppe von unrechtmäßig Benachteiligten bei." Ein "bildungsbürgerlich geprägter Familienhabitus" wurde konserviert. Prennig spricht von der "Überwinterung einer traditionellen Elite im Schutz der evangelischen Kirche".  Und er sieht ihren Beitrag zur "friedlichen Revolution".

Die Untersuchung ist in der Themenausgabe "Politisierung im Kontext der DDR" enthalten: Mehrere Wissenschaftler ziehen Entwicklungslinien zwischen der DDR- und der jüngsten gesamtdeutschen Geschichte. Viele aktuelle Entwicklungen in den ostdeutschen Bundesländern werden verständlich.


Nachzulesen in der Zeitschrift::Psychologie & Gesellschaftskritik 175/176. Themenausgabe Politisierung im Kontext der DDR"


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