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Maßregelvollzug: Die Einweisungspraxis ist wissenschaftlich unseriös

Die Einweisung in den Maßregelvollzug ist relativ treffunsicher. Aus den einzelnen Prüfschritten ziehen Dr. Christoph Schmitt und Dr. Martin Rettenberger die Schlussfolgerung, dass die aktuelle Praxis der zugrundeliegenden Schuldfähigkeitsbegutachtung wissenschaftlich und kriminalpolitisch kaum fundiert ist. Wieviel "Elendsdiagnostik" hat dazu beigetragen, die Zahl der Patienten im geschlossenen Maßregelvollzug in Deutschland zwischen 1997 und 2013 zu verdoppeln? Über dringenden Reformbedarf berichten Schmitt, Rettenberger und Kollegen in der aktuellen Ausgabe der unabhängigen Fachzeitschrift "Forensische Psychiatrie und Psychotherapie".

Bis heute gibt es "keine oder nur schwache evidenzbasierte Nachweise für die gerne ins Feld geführte Argumentation, dass eine stationäre Behandlung im Maßregelvollzug eine besonders stark ausgeprägte deliktpräventive Wirksamkeit habe. Dagegen verlief neueren Studien zufolge die Legalbewährung von Patienten," die entgegen der ablehnenden Risikoeinschätzung der Maßregelvollzugsklinik "auf höchstrichterlichen Beschluss entlassen wurden, in etwa 80% der Fälle positiv.
 
Somit stellt sich unweigerlich die Frage, wieviele der im Maßregelvollzug untergebrachten Patienten sich dort wohl zu ´Unrecht´ befinden. Dabei wäre auch zu untersuchen, ob die im Vergleich zu anderen Straftätergruppen immer wieder angeführte günstigere Legalbewährung ehemaliger Maßregelvollzugs-Patienten nicht primär auf eine prinzipielle Überschätzung von deren Gefährlichkeit und weniger auf eine ´erfolgreiche´ Behandlung zurückführbar ist.
 
Eine weitere empirische Erkenntnis ist, dass nach neueren Untersuchungen die ambulante Behandlung psychisch kranker Straftäter wirksamer zu sein scheint als die stationäre im Maßregelvollzug ..." Dies führt umsomehr die Notwendigkeit vor Augen, dass die Einweisung in den Maßregelvollzug auf wissenschaftlich fundierter und rechtlich sicherer Grundlage erfolgen muss. Die derzeitige Situation lässt dies jedoch äußerst zweifelhaft erscheinen - und auch der Diskussionsentwurf der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform des Paragrafen 63StGB lässt viele Fragen offen," kritisieren Schmitt und Rettenberger in "Forensische Psychiatrie und Psychotherapie".

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