Gymnasialdirektor Josef Kraus stellte klar: Primär ist das Wohl der Kinder und Jugendlichen. Selbstverständlich können sie selbst kein abschließendes Urteil fällen. Doch hätten sie einwenden können, dass Förderschüler in der Regelschule häufig ausgegrenzt und diskriminiert werden. Studien, publiziert u.a. in der Fachzeitschrift "Empirische Sonderpädagogik", belegen dies. Das heißt: Die Inklusion kann faktisch zu einer Exklusion führen, mit nachhaltigen schmerzlichen Emotionen und Misserfolgserlebnissen. Die Problematik reicht noch weiter: Förderschullehrer, die mit ihren Kindern in die Regelschule abgeordnet werden, fühlen sich dort gleichfalls vielfach marginalisiert. Nachvollziehbar berichtete Josef Kraus über einen Neffen, der mit Down Syndrom eine Förderschule erfolgreich abgeschlossen hatte; in der Regelschule wäre der Junge "untergegangen".
Jan-Martin Klinge, Gesamtschullehrer mit inkludierten körperlich behinderten Kindern in der Klasse, äußerte sich "total dagegen", dass Menschen mit Behinderungen als "Schmuddelkinder irgendwohin abgeschoben" würden. Er ist hochemotional und empathisch ein Verfechter der Inklusion, sieht jedoch in deren Realisierung viele ungelöste Probleme und Unzulänglichkeiten. Als Ursachen macht er jedoch fehlende personelle Ressourcen und Qualifikationen aus. Der soziale Elan trägt seine Argumentation - doch ohne Detailerfahrung, ob der Mehrzahl betroffener Kinder und Jugendlicher nicht eine spezialisierte und schützende Schule guttäte, in der soziale Vergleiche für die Einzelnen kaum noch schmerzlich ausfallen würden ...
Literatur zum Thema:
Empirische Sonderpädagogik 1-2014