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Forensische Psychiatrie: Wie Geschlechterstereotype Frauen zum Verhängnis werden

Forensische Psychiatrie: Nach wie vor werden Straftäterinnen - meist unreflektiert - unter klassischen Geschlechterstereotypen behandelt. Dies kann eine langfristige Rehabilitation behindern, kritisieren Dr. Ulla Schröder-von Oesen und Dr. Dirk Hesse (Moringen) in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift ´Forensische Psychiatrie und Psychotherapie´.

 

"Bis auf wenige Ausnahmen haben alle forensischen Patientinnen Gewalterfahrungen erlebt, körperliche wie sexuelle, aber auch Liebesentzug und Vernachlässigung. Im Maßregelvollzug finden sich dann schwere Krankheitsbilder, die auch als Ausdruck gewertet werden können, wie diese Frauen innerlich an den Geschlechterstereotypen zerbrochen sind. Egal was ihnen widerfahren ist, ihnen wird vermittelt, dass sie das Problem sind, auch in der Forensik, dass sie sich anpassen und verändern müssen. Wünschenswert wäre ein reflektierterer Blick, ohne zu beschönigen, was die Frauen getan haben.

 

Dazu gehört, dass Frauen nicht nur Opfer sind, sondern auch Täterinnen." Hesse und Schroeder-von Oesen teilen die "Besorgnis, dass das Versäumnis, die Grausamkeiten von Frauen ernst zu nehmen, dazu führen kann, dass ihnen die Art der Interventionen vorenthalten wird, die ihnen helfen könnte, von künftigen Grausamkeiten abzulassen. Die ausschließliche Fokussierung auf Traumatisierungen weiblicher Gewalttäterinnen, ohne ihre Tätererfahrung zu berücksichtigen, könnte für diese Frauen therapeutisch behindernd sein und ihnen die Kontrolle über ihr künftiges Risiko verwehren ..."

 

"Frauen, die die Möglichkeit bekommen, eigene Fähigkeiten zu entwickeln und daran zu wachsen, gehen mit einem gestärkten Selbstwertgefühl in die Zukunft. Das funktioniert nur, wenn sie sich ausprobieren können. Aus unserer Sicht sollte frühzeitig, häufig und anhaltend das Rollenbild mit diesen Frauen diskutiert werden und auf vielen Ebenen der Milieutherapie einfließen. Frauen brauchen mehr Vorbilder, an denen sie sich orientieren können, die gerade nicht dem Stereotyp entsprechen. Wenn weibliche Pflegekräfte und Therapeutinnen deutlicher machen würden, warum sie arbeiten, was sie daraus schöpfen, was das für den Haushalt bedeutet, erfahren unsere Patientinnen, dass es auch andere Modelle des Zusammenlebens geben kann als die ihrer Primärfamilie. Dazu müssten sich die Behandelnden jedoch auch ihrer eigenen Stereotypen bewusst sein ..."
 

Ulla Schröder-von Oesen, Dirk Hesse: Kritische Betrachtung von Geschlechtsstereotypen
in einer forensischen Klinik.


IN:  Forensische Psychiatrie und Psychotherapie 1/2025

Herausgegeben von K. Hoffmann, R. Eher, M. G. Feil, M. Günter, D. Hesse, L.
P. Hiersemenzel, M. Kassar T. Kluttig, U. Kröger, J. Muysers, T. Ross, K. Sevecke

Print:   ISSN 0945-2540, PDF:   ISSN 0945-2540

https://www.psychologie-aktuell.com/journale/forensische-psychiatrie/bisher-erschienen/inhalt-lesen/2025-1-1.html


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Ulrich Kobbe (Hrsg.) Lilith im Maßregelvollzug.
Ein frauenforensischer Reader.
Pabst, Hardcover ISBN 978-3-95853-445-2, eBook ISBN 978-3-95853-446-9

 

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