NEWSBÜCHERJOURNALEONLINE-SHOP



 

Sie befinden sich hier: NEWS » Aktuelle News Psychologie » News lesen

« zurück

Forensik: Konfliktfelder der ambulanten Psychotherapie von Sexualstraftätern

Forensische Ambulanzen haben neuerdings in vereinzelten Regionen die Aufgabe, Sexualstraftäter nach ihrer Haftentlassung zu beaufsichtigen und ambulant zu behandeln. Nur die wenigsten Therapeuten sind in der Lage und bereit, sich dieser widersprüchlichen Herausforderung zu stellen: Der Psychologe muss einerseits eventuelle Rückfall- und Sicherheitsrisiken an die Justiz melden; anderseits muss er eine vertrauensvolle Beziehung zu seinem Klienten aufbauen, um einen therapeutischen Einfluss ausüben zu können. Betroffene Psychologen berichten über die Konfliktfelder in "Forensische Psychiatrie und Psychotherapie".

H. Jürgen Pitzing, Leiter der Ambulanz in Stuttgart, notiert: "Die Klientel von Patienten mit Führungsaufsicht und nach Sicherungsverwahrung zwang den Blick der Psychotherapeuten nicht nur vermehrt zur Hinwendung ihrer Arbeit in Richtung Kriminalprognose und Verhaltenskontrolle, sondern induzierte auch eine verstärkte Angst vor Risiken in der Behandlung. Die Angst vor 'Fehlern' hat sich bei Therapeuten dieser Klientel verstärkt. In jeder Behandlungsstunde wird sie spürbar darin, etwas zu übersehen, nicht scharf genug wahrzunehmen oder nicht rechtzeitig zu reagieren ...

Der Erfolgsdruck der Behandlung ist enorm gewachsen. Nicht nur der Rechtfertigungsdruck, die Behandlungsmethoden und Misserfolge ggfs. vor Gericht erläutern zu müssen, hat sich erhöht, sondern auch die Angst vor einer erdrückenden kritischen Öffentlichkeit und den Medien  ..."

Markus G. Feil, Leiter der Ambulanz in München, stellt kritische Fragen, u.a.:

  • "Wie identifiziert man Sexualstraftäter, die tatsächlich einer Behandlung zur Senkung ihrer Rückfälligkeit bedürfen - und wer ist dafür abschließend zuständig?"
  • "Wie groß ist der Spielraum für Rückfälle, die beispielsweise in der Suchttherapie ein regelhafter Teil der Behandlung sind, ohne dass sie zwangsläufig zum Therapieabbruch führen? Wieviel Erprobungsraum gesteht man Sexualstraftätern zu, wieviele Möglichkeiten des Scheiterns gewährt man ihnen?"

"Werden solche Fragen nicht kritisch diskutiert, besteht aus Sicht des Autors die Gefahr, dass nicht nur die ambulanten forensischen Institutionen bzw. Behandler gesellschaftliche bzw. politische Wünsche nach Sicherheit oder die Vorstellung vom Risikomanagement unkritisch übernehmen. Dann würde ihr Auftrag pervertiert, ihre Wirksamkeit schwände möglicherweise, die gesellschaftliche Aufgabe der Profession '(ambulante) forensische Psychotherapie' wäre verfehlt."

zum Journal




alttext    

 

Aktuell

Socials

Fachzeitschriften