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Empirische Sonderpädagogik: Funktionale Analphabeten können sich beruflich qualifizieren

Mehr als sieben Millionen Erwachsene in Deutschland sind funktionale Analphabeten. Viele von ihnen scheitern im Berufsleben; doch andere qualifizieren sich in verantwortungsvollen Aufgaben, belegt eine qualitative Studie von Professor Dr. Marc Thielen (Universität Bremen). Die Arbeit erschien in der Fachzeitschrift "Empirische Sonderpädagogik" gemeinsam mit weiteren Untersuchungen zum Themenkomplex "Alphabetisierung und Grundbildung".

Menschen mit funktionalem Analphabetismus sind zur Schule gegangen und besitzen daher meist Grundkenntnisse im Lesen und Schreiben; doch zusammenhängende Texte bleiben ihnen verschlossen.
 
Thielen interviewte für seine Studie 57 TeilnehmerInnen von Alphabetisierungskursen: Bei 16 Beteiligten sah er kontinuierliche Erwerbskarrieren, bei neun erfolgreiche Berufskarrieren und bei vier eine nachholende Berufsqualifizierung. Anderseits bleiben 14 Teilnehmer ihr Lebtag in Arbeitslosigkeit bzw. prekären Maßnahmen, sieben in unterbrochenen bzw. vorzeitig beendeten Arbeitsverhältnissen, und sechs schlagen sich mit Gelegenheitsjobs durch.

Die relativ große Gruppe der Arbeitslosen und Maßnahmen-Teilnehmer "haben meist große Schwierigkeiten, ihren Lebenslauf in seiner zeitlichen Chronologie zu rekonstruieren. Aus den Erzählungen einiger Interviewter wird deutlich, dass der funktionale Analphabetismus mit weiteren biographischen Belastungen einhergeht, die die Teilhabe an Erwerbsarbeit erschweren. In den Interviews werden zum Beispiel gesundheitliche Einschränkungen und psychische Probleme, migrationsspezifische Erschwernisse oder auch Delinquenz (Freiheitsstrafen) genannt. Die Desintegration in Arbeit lässt sich vor diesem Hintergrund als Ausdruck komplexer Problemlagen verstehen, im Zuge derer den Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben zwar wohl eine bedeutende, aber keineswegs ausschließliche Relevanz zukommt."

Bei den beruflich erfolgreichen Teilnehmern der Studie "handelt es sich mehrheitlich um Personen, die primär Schreibschwierigkeiten haben, in der Regel jedoch über ein gewisses Maß an Lesefertigkeiten verfügen. Berufe der Befragten sind: Altenpflegehelferin, Floristin, Friseuse, Krankenpflegerin, Metzger, Rohrleitungs- und Heizungsbauer, Schiffbauer. Die in Interviews rekonstruierten Literalitätsprobleme beziehen sich vornehmlich auf Schreiben unter Zeitdruck oder in bestimmten sozialen Kontexten ..."

Der Beitrag ist erschienen in:
M. Grosche, J. Schröder (Hrsg.) Empirische Sonderpädagogik 3/13. Schwerpunktthema: Alphabetisierung und Grundbildung.




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