Amelung und Rudolf-Petersen finden "Unterschiede zwischen der Gruppe der von uns Interviewten und anderen Opfergruppen: Während in der Holocaust-Literatur die Nachkommen jüdischer Opfer berichten, dass sie die Gedächtniskerzen ihrer Eltern waren, setzen unsere InterviewpartnerInnen, Nachkommen (auch jüdischer) WiderstandskämpferInnen, die politische Arbeit ihrer Eltern fort und engagieren sich für deren politische Ziele und Werte. Unsere Hypothese ist: Das müssen sie tun; denn die gesellschaftliche Anerkennung für den Widerstand, insbesondere den kommunistischen, blieb aus. Deshalb ist und war es für unsere InterviepartnerInnen geboten, die antifschistische Arbeit ihrer Vorfahren vor der Auslöschung zu bewahren, sie fortzuführen, vielleicht auch manchmal zu idealisieren und zu einer Heldenerzählung auszubauen. Den antifaschistischen Auftrag abzulehnen und z.B. politisch wenig Interesse zu zeigen, wäre einem Verrat an den Vorfahren gleichgekommen. In der Latenz wirken möglicherweise auch Ressentiments als existentielle Dominante ..."
Neben der Studie von Amelung und Rudolf-Petersen bietet "Psychologie & Gesellschaftskritik" Nr. 1/2 unter dem Titel "Nachgeborene" sechs weitere empirische Arbeiten zu psychischen Langzeitfolgen des II. Weltkriegs.
Psychologie & Gesellschaftskritik 2023-1-2
Nachgeborene
47.Jahrgang, Nr. 185/ 186, Heft 1-2-2023