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Psychologie & Gesellschaftskritik

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2023-1-2 (185/186)

Inhaltsverzeichnis

 

Editorial 


Thorsten Fehlberg
»Und wer muss die Hand reichen als Erster? Der Stärkere.« Motivation für gesellschaftliches Engagement von Rom_nja und Sinti_ze in Deutschland 


Miriam Schäfer, Maria Pohn-Lauggas & Andreas Kranebitter
Als ›asozial‹ und ›kriminell‹ verfolgt, als ›Penner‹ und ›Verbrecher‹ erinnert: Zu den Auswirkungen tradierter Stigmatisierung auf Erinnerung und intergenerationale Handlungsstrukturen 


Gabriele Amelung & Almut Rudolf-Petersen
Kinder des Widerstands und deren Kinder. Auswirkungen von Verfolgung und Widerstand (zwischen 1933 und 1945) auf die nachfolgenden Generationen – ein Forschungsprojekt 


Andreas Hechler & Christoph Schneider
Unidentifizierte Traumata. Über die Schwierigkeiten, die Folgen der NS-›Euthanasie‹ in den Familien zu erfassen 


Charlotta Sippel
Zwischen (Un)sichtbarkeit, Säkularisierung und Antisemitismus – Umgang der Nachkomm*innen jüdischer NS-Verfolgter mit den Nachwirkungen des Holocaust in der Deutschen Demokratischen Republik 


Anne Klein
Zwischen Trauma und Gerechtigkeit. Der Kampf der Fils et filles de déportés juifs de France (FFDJF) gegen die Straflosigkeit von NS-Tätern in den 1970er Jahren 


Maria Buko
»I am a victim of war, too« Research on the descendants of the Polish political prisoners of Nazi concentration camps conducted in Poland 


Autor:innen dieses Heftes 


 


Editorial
Markus Brunner, Thorsten Fehlberg & Ayline Heller


 


Thorsten Fehlberg
»Und wer muss die Hand reichen als Erster?
Der Stärkere.« Motivation für gesellschaftliches Engagement von Rom_nja und Sinti_ze in Deutschland.


Nach 1945 waren in Deutschland lebende Rom_nja und Sinti_ze mit personellen und ideologischen Kontinuitäten aus der Zeit des Nationalsozialismus konfrontiert. Das führte dazu, dass die Betroffenen sich für die Anerkennung des Völkermordes und gegen anhaltende Diskriminierungen vorwiegend selbst engagieren mussten. Dabei begegneten sie Widerständen aus der deutschen Mehrheitsgesellschaft, die zum Teil bis heute anhalten. Der vorliegende Beitrag stellt drei Idealtypen der Motivation des gesellschaftlichen Engagements von Sinti_ze und Rom_nja vor. Die Typen werden anhand von vier Vergleichsdimensionen voneinander abgegrenzt. Die Interviewpartner_innen erklären ihre Motivation mit der Notwendigkeit, Kontinuitäten und Diskriminierung zu überwinden, eine angemessene Erinnerungskultur zu erhalten, über den Genozid aufzuklären und mit der persönlichen Prägung durch die familiäre Verfolgungserfahrung.

Schlagwörter: Aktivismus, Rom_nja, Sinti_ze, Nationalsozialismus, Qualitative Forschung.


 

Miriam Schäfer, Maria Pohn-Lauggas & Andreas Kranebitter
Als ›asozial‹ und ›kriminell‹ verfolgt, als ›Penner‹ und ›Verbrecher‹ erinnert: Zu den Auswirkungen tradierter Stigmatisierung auf Erinnerung und intergenerationale Handlungsstrukturen


In diesem Beitrag diskutieren wir die Auswirkungen der sozialrassistischen NS-Verfolgung auf Familien von ›Berufsverbrechern‹ und ›Asozialen‹. Anhand von zwei empirischen Fällen zeigen wir, in welcher Weise die NS-Verfolgung, anhaltende Stigmatisierung und Tabuisierung auf die Konstruktion der Familiengedächtnisse wie auch auf intergenerationale Handlungsstrukturen wirken. Es handelt sich um empirische Befunde einer Mehrgenerationenstudie, in der mit Methoden der soziologischen Biographieforschung die intergenerationalen Handlungs- und Erinnerungsstrukturen von Familien stigmatisierter NS-Opfer untersucht werden. Unsere Untersuchung zeigt zum einen, wie Familiengedächtnisse der Verfolgung sozialrassistische Deutungsmuster kontinuieren und die Verfolgung zugleich marginalisiert wird, indem die Lebenswelt und das Leiden der Verfolgten aus der Erinnerung ausgeschlossen werden. Zum anderen wird deutlich, wie die Verfolgungserfahrung durch Delegation und Abgrenzung zum ›sozialen Unten‹ intergenerational handlungsstrukturierend wirkt. 

Schlagwörter: Familiengedächtnis, Mehrgenerationenforschung, intergenerationale Handlungsstrukturen, stigmatisierte NS-Opfer, Nationalsozialismus


 


Gabriele Amelung & Almut Rudolf-Petersen
Kinder des Widerstands und deren Kinder.
Auswirkungen von Verfolgung und Widerstand (zwischen 1933 und 1945) auf die nachfolgenden Generationen – ein Forschungsprojekt


In einer Mehrgenerationen-Studie befragen wir Familien, deren Angehörige während des Nationalsozialismus politischen Widerstand geleistet haben und verfolgt wurden. Mit Hilfe halboffener Interviews untersuchen wir die transgenerationale Weitergabe von Traumata, aber auch von Haltungen und Werten. Insbesondere kommunistischer Widerstand gegen das NS-Regime ist in der postfaschistischen BRD wenig anerkannt worden. Die Widerstandskämpfer:innen wurden vielmehr häufig weiterhin diffamiert und mit Berufsverboten belegt. Die Auswirkungen der mangelnden gesellschaftlichen Anerkennung des politischen Widerstands auf die Verarbeitung von Verfolgung und Folter ist eine unserer Forschungsfragen. Die transkribierten Interviews werten wir mit Hilfe der tiefenhermeneutischen Methode aus und reflektieren die Verarbeitung des Erlebten und insbesondere die Veränderung der Verarbeitungsstrategien von Generation zu Generation. Wir stellen erste Ergebnisse vor.

Schlagwörter: Transgenerationale Weitergabe, antifaschistischer Widerstand, postnationalsozialistische BRD, Hermeneutik des Verdachts.


 


Andreas Hechler & Christoph Schneider
Unidentifizierte Traumata.
Über die Schwierigkeiten, die Folgen der NS-›Euthanasie‹ in den Familien zu erfassen


Die Auswirkungen von NS-Verfolgung auf die nachfolgenden Generationen sind im Bereich der NS-›Euthanasie‹ ein Forschungsdesiderat. Die Trias aus Verschleierung, Spurenbeseitigung und hartnäckiger Verantwortungs- und Erinnerungsabwehr in der deutschen Nachkriegsgesellschaft provozierte über lange Jahre Schweigen bei den Überlebenden und Unwissenheit bei den Angehörigen der Opfer. Innerfamiliäre Überlieferungen wurden häufig unterbrochen, so dass die Opfer nicht nur in den eigenen Familien isoliert blieben, sondern sich auch Folgegenerationen nicht als solche begreifen konnten. Die Organisierungsversuche von NS-›Euthanasie‹-Überlebenden und Zwangssterilisierten der ersten Nachkriegsjahre wurden erst wieder in den späten 1980er Jahren aufgenommen. Die Auseinandersetzung mit NS-›Euthanasie‹ insgesamt wie auch das Selbstverständnis von Nachfahr*innen der Opfer wird von der anhaltenden Stigmatisierung von Krankheit und Behinderung in der gegenwärtigen Gesellschaft beeinflusst. Vor diesem Hintergrund vermag allein eine Diskussion, die die erinnerungspolitischen Besonderheiten der NS-›Euthanasie‹ in den Blick nimmt und diese mit einer Kritik des Ableismus verbindet, die Leerstelle zu umschreiben.

Schlagwörter: Nationalsozialismus, Euthanasie, Trauma, Ableismus


 

Charlotta Sippel
Zwischen (Un)sichtbarkeit, Säkularisierung und Antisemitismus – Umgang der Nachkomm*innen jüdischer NS-Verfolgter mit den Nachwirkungen des Holocaust in der Deutschen Demokratischen Republik


Anhand dreier Lebensgeschichten von Nachkomm*innen jüdischer NS-Verfolgter beleuchtet der Beitrag, wie der individuelle Umgang mit den Nachwirkungen des Nationalsozialismus durch den gesellschaftlichen Nachkriegskontext in der Deutschen Demokratischen Republik geprägt war. Es wurden biografische Interviews mit den Nachkomm*innen von NS-Verfolgten geführt und in Anlehnung an die Biographischen Fallrekonstruktionen nach Rosenthal ausgewertet. Das Ergebnis sind Aushandlungsprozesse im Spannungsfeld zwischen säkularisiertem Judentum, propagiertem Antifaschismus, antisemitischen Kontinuitäten und der Unsichtbarkeit von Jüd*innen in der DDR-Gesellschaft. Die mangelnde gesellschaftliche Anerkennung des vergangenen Leids erschwerte die individuelle Verarbeitung, und politische Diskurse waren prägend für (jüdische) Selbstverständnisse der Nachkomm*innen. Die Interviewpartner*innen nahmen jedoch die gesellschaftlichen Zuschreibungen und Fremdpositionierungen nicht unhinterfragt hin, sondern wiesen diese zurück oder nutzten sie strategisch in ihrem Alltag.

Schlagwörter: Biographieforschung, Aufarbeitung der Vergangenheit, Antisemitismus, DDR


 

Anne Klein
Zwischen Trauma und Gerechtigkeit.
Der Kampf der Fils et filles de déportés juifs de France (FFDJF) gegen die Straflosigkeit von NS-Tätern in den 1970er Jahren


Eine geschätzte Zahl von 60.000 Kindern und Jugenlichen überlebten den Holocaust in Vichy-Frankeich. Serge Klarsfeld, der heute bekannt ist für seinen Kampf gegen die Straflosigkeit ehemaliger SS-Täter und französischer Kollaborateure, war einer von ihnen. Der französische Neuropsychiater Boris Cyrulnik, der selbst als Kind im Versteck überlebte, hat mit seiner biographischen Studie über Resilienz zu einem besseren Verständnis seiner Generation beigetragen. In den 1970er Jahren trafen sich die französisch-jüdischen Überlebenden zur gegenseitigen Unterstützung und um ihre gemeinsame politische Agenda zu realisieren. Wie würde es möglich sein, diejenigen Männer juristisch zur Rechenschaft zu ziehen, die ihre Eltern und andere Familienangehörige in die nationalsozialistischen Vernichtungslager geschickt hatten?

Schlagwörter: Vichy-Frankreich, versteckte Kinder, Resilienz, politischer Aktivismus, Prozesse gegen ehemalige Nazis


 


Maria Buko
»I am a victim of war, too«
Research on the descendants of the Polish political prisoners of Nazi concentration camps conducted in Poland


The paper presents a piece of research on the Polish second-generation, children of the Polish political prisoners of the Nazi concentration camps. The research methodology is narrative biographical interviewing. The analysis is carried out within the oral history framework. The text focuses on the narrated family dynamics, including the image of parents and the characteristics of life in survivors’ homes. The research effects are juxtaposed with the corresponding findings from the Holocaust studies. Hitherto research on the second-generation victims of World War II in Poland is also overviewed.

Keywords: second generation, oral history, biography, survivors’ families, Poland


 


Autor:innen dieses Heftes

 

 


Psychologie & Gesellschaftskritik
47. Jahrgang • 2023 • Heft 1-2 (185/186)
Pabst, 2023
ISSN 0170-0537
Preis: 19,- €

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