"In der Kunst wird der Begriff der Schönheit mit ästhetischer Unverfälschtheit und Wahrheit in Zusammenhang gebracht. Schönheit beruht auf der Fähigkeit, Ganzheit herzustellen, wo vorher Chaos, Dekonstruktion und Fragmentierung geherrscht haben. Deshalb ist das Hässliche nicht ausgeblendet, sondern zu einem integralen Bestandteil der Ästhetik geworden. Zur wahren ästhetischen Erfahrung gehören nach Segal sowohl Schönheit als auch Hässlichkeit. Die Schwierigkeit des Kunstwerks liegt nicht darin, Schönheit zu verstehen, sondern sie auszuhalten, weil es den Schrecken mit der Friedlichkeit verbindet. Deswegen geht es dem Künstler nicht um die Produktion einer hübschen und landläufig schönen Form, sondern um die ästhetische Verbindung von Widersprüchen, die ihn und seine Welt ausmachen", schreibt Karin Dannecker.
Sie fordert: "Alle Überlegungen zu Kunst und Kitsch in der Kunsttherapie sollten berücksichtigen, dass die kulturellen Welten vieler Patienten mit Kitscherfahrungen aller Art ausgestattet sind. Ihre Bildung und Erziehung war größtenteils nicht darauf gerichtet, guten Geschmack und einen Sinn für das Schöne zu fördern.
Zur Aufrechterhaltung ihres fragilen seelischen Zustandes müssen Menschen ihre Gefühle oft verkapseln. Im Grunde ist der Kitsch liebende Mensch bedürftig. Er misstraut seinen wahren Gefühlen und muss sie mit dem Kitsch-Aufwand unschädlich machen. Seinen Trost sieht er in der heilen, geschönten, versüßten Welt." Wenn vom Kitsch als etwas Wärmendes und als Komfort des Herzens gesprochen wird, benennen wir "eine Haltung der Milde und des Respekts für unentbehrliche Momente, die jeder Mensch braucht. Sie sind insofern genauso wahr, wie sie zugleich Wahrheit leugnen."
zum Journal