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Psychosoziale und Medizinische Rehabilitation

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2021-3

Inhaltsverzeichnis

 

Editorial
Alfred Uhl


Aus der Ferne in Kontakt bleiben: Telehealth-Interventionen und ihre Bedeutung für die Suchthilfe während der Corona-Pandemie
Julian Strizek, Angelina Brotherhood & Alexandra Puhm


Psychotherapie via Telefonie und Videotelefonie in Zeiten der coronabedingten Digitalisierung.
Zusammenfassung der wichtigsten Studienergebnisse zur Erhebung des Potenzials von E-Psychotherapie in Österreich

Martin Poltrum, Alfred Uhl & Hannah Poltrum


Grundfragen zur Evaluation von digitalen Health-Tools
Felix Tretter


Erreichbarkeit Jugendlicher in Berufsschulklassen für ein mHealth-Programm zur Suchtprävention
Raquel Paz Castro, Severin Haug & Andreas Wenger


Internetbasierte Suchtberatung – Irrweg oder Methode der Zukunft?
Michael P. Schaub


Der Therapeut in der Hosentasche – Smartphone-Applikationen als (Co-)Therapeuten?
Oliver Scheibenbogen


Rezension
Selbstmedikation, Regression, Progression.
Assoziative Anmerkungen zu Thomas Vinterbergs Film Der Rausch

Maximilian Römer


Bildstrecke: DER RAUSCH


Wir sind alle süchtig. Anmerkungen zur Internetsucht
Robert Feustel


„Beängstigend, wie heute Sucht designt wird“
Martin Tauss im Gespräch mit Bruce K. Alexander


Dionysos – mehr als Wein und Rausch!
Michael Klein


Maßnahmenplan für eine nachhaltige Reduktion drogenbedingter Todesfälle in Deutschland
Heino Stöver & Dirk Schäffer

 


 

Aus der Ferne in Kontakt bleiben: Telehealth-Interventionen und ihre Bedeutung für die Suchthilfe während der Corona-Pandemie
Julian Strizek, Angelina Brotherhood & Alexandra Puhm


Zusammenfassung
Abstandsgebote während der Corona-Pandemie haben zu einem rasanten Anstieg des Einsatzes von Interventionen geführt, die eine Aufrechterhaltung des Kontakts ohne direktes Zusammentreffen von Patient/-in und Personen aus Unterstützungsangeboten garantieren. Allerdings sind derartige Angebote nicht für alle Patientengruppen gleichermaßen nutzbar und gewährleisten nicht dieselbe Behandlungsqualität wie herkömmliche Angebote. Zudem sind für ihren dauerhaften Einsatz noch wichtige Rahmenbedingungen zu klären.

Schlüsselwörter: Telehealth, Corona, Suchthilfe, Selbsthilfe


Summary
Confinement measures during the coronal pandemic have led to a widespread adaption of addiction services that help to maintain the contact with the patients without a direct encounter between the patient and people from treatment facilities. However, such interventions are not equally accessible and suitable to all patient groups and the quality of treatment may not be the same as in traditional services. In addition, the conditions and the framework of such interventions need to be clarified for their permanent use.

Keywords: telehealth, corona, treatment services, self-help


Mag. Julian Strizek
Soziologe. Health Expert am Kompetenzzentrum
Sucht der Gesundheit Österreich
GmbH. Koordinator des Forschungsprojekts
„Sucht(behandlung) in der Krise“.
julian.strizek@goeg.at

Mag. Angelina Brotherhood
Soziologin. Seit 2007 in der Suchtforschung
tätig, Health Expert am Kompetenzzentrum
Sucht der Gesundheit Österreich GmbH
und Dissertantin an der Universität Wien,
Forschungsschwerpunkte: Suchtprävention,
Qualitätssicherung, Evidenzbasierung.
angelina.brotherhood@goeg.at

Mag. Dr. Alexandra Puhm, M.Sc.
Erziehungswissenschafterin und Psychotherapeutin.
Seit 1992 im Suchtbereich tätig,
arbeitet am Kompetenzzentrum Sucht an der
Gesundheit Österreich GmbH und als Psychotherapeutin
in freier Praxis.
alexandra.puhm@goeg.at


 

Psychotherapie via Telefonie und Videotelefonie in Zeiten der coronabedingten Digitalisierung
Zusammenfassung der wichtigsten Studienergebnisse zur Erhebung des Potenzials von E-Psychotherapie in Österreich

Martin Poltrum, Alfred Uhl & Hannah Poltrum


Zusammenfassung
Aufgrund der CoViD-19-Pandemie ist es österreichischen Psychotherapeut*innen seit Mitte März 2020 erstmals erlaubt, Psychotherapien mittels Telefon oder Videotelefonie (E-Psychotherapie) durchzuführen. Die Erfahrungen mit diesen neuen Behandlungsmethoden sowie die Einstellung der therapeutischen Kolleg*innenschaft zu e-psychotherapeutischen Behandlungen, bevor sie erlaubt waren, wurde durch die Befragung
von 717 österreichischen Psychotherapeut*innen untersucht. Im folgenden Beitrag wird dargestellt, welche Vor- und Nachteile E-Psychotherapien im Vergleich zu Face-to-Face-Behandlungen haben und welche Implikationen sich in Bezug auf Interventionen, Methoden und Patient*innengruppen nach Ansicht der befragten Kolleg*innenschaft ergeben.

Schlüsselwörter: Psychotherapie und CoViD-19, E-Psychotherapie, Telefonpsychotherapie, Videopsychotherapie, Onlinepsychotherapie, therapeutische Beziehung bei Videopsychotherapien


Summary
Due to the CoViD-19 pandemic, Austrian psychotherapists for the first time were entitled to practice psychotherapies via telephone or video telephony (e-psychotherapy) starting in mid-March 2020. A survey involving 717 Austrian psychotherapists was carried out to enquire the experiences they made with these new treatment modalities and their attitude towards e-psychotherapeutic treatments prior and after this change. In the
following paper the advantages and disadvantages of e-psychotherapy are compared to face-to-face treatment based on the surveyed therapists’ perceptions, with particular emphasis on the implications for interventions, methods and patient groups.

Keywords: psychotherapy and CoViD-19, e-psychotherapy, telephone psychotherapy, video psychotherapy, online psychotherapy, therapeutic alliance in video-psychotherapy


Univ.-Prof. Dr. Martin Poltrum
Professor für Psychotherapiewissenschaft
an der Sigmund-Freud-Privatuniversität Wien,
Philosoph, Psychotherapeut, Lehrtherapeut
martin.poltrum@sfu.ac.at


Priv.-Doz. Dr. Alfred Uhl
Gesundheitspsychologe, seit 1977 in der
Suchtforschung tätig. Abteilungsleiter-Stellvertreter
des Kompetenzzentrums Sucht der
Gesundheit Österreich GmbH und stellvertretender
Leiter des englischen PhD-Programms
der Fakultät für Psychotherapiewissenschaft
an der Sigmund-Freud-Privatuniversität in
Wien. Forschungsschwerpunkte: Epidemiologie,
Prävention, Suchtpolitik, Evaluation, Forschungsmethodologie.
alfred.uhl@uhls.at

Hannah Poltrum, M.Sc.
Studium der Psychologie an der Sigmund-
Freud-Privatuniversität Wien.
hannah-poltrum@gmx.at


 


Grundfragen zur Evaluation von digitalen Health-Tools
Felix Tretter


Zusammenfassung
Die Digitalisierung der Therapie und Prävention schreitet rasant voran. Zunehmend wird dieser Bereich von den IKT-Konzernen besetzt, ohne dass die Fachwelt bisher ausreichende Qualitätskriterien formulieren konnte. Auch besteht im Zuge der digitalen Transformation unserer Gegenwartsgesellschaft eine wachsende Informationsasymmetrie zwischen dem Individuum und den IKT-Konzernen. Das betrifft auch den Gesundheitsbereich,vor allem die Nutzung von Gesundheits-Apps auch im präventiven bzw. therapeutischen Kontext. Es fehlen in dieser Hinsicht Instrumente und Prozeduren des Qualitätsbewertung solcher digitalen Instrumente. Einige Hinweise in diese Richtung werden eingebracht.

Schlüsselwörter: Geschichte der digitalen Instrumente in der Psychiatrie, Digitaler Humanismus, Ethik der Digitalisierung, Validität, Qualitätsbewertung der digitalen Gesundheitstechnologien


Summary
The digitalization of therapy and prevention is advancing rapidly. Increasingly, this area is being occupied by ICT corporations, without the community of health professionals having been able to formulate sufficient quality criteria to date. There is also a growing asymmetry of information between the individual and the ICT corporations in the course of the digital transformation of our contemporary society. This also affects the health sector, especially the use of health apps even in a preventive or therapeutic context. In this respect, there is a lack of instruments and procedures for the quality assessment of such digital tools. Some indications in this direction are introduced.

Keywords: history of digital tools in psychiatry, digital humanism, ethics of digitalization, validity, quality assessment of digital health technologies

 

Prof. Dr. Dr. Dr. Felix Tretter
Psychologe, nervenarzt, Psychotherapeut,
Sozialforscher. ehrenpäsident der Bayerischen
Akademie für Suchtfragen (München), seit
2017 Vizepräsident des Bertalanff y centers for
the Study of Systems Science (Wien); Professor
für klinische Psychologie (LMU München).
ehem. chefarzt der Suchtabteilung im Klinikum
haar.
felix.tretter@bcsss.org


 

Erreichbarkeit Jugendlicher in Berufsschulklassen für ein mHealth-Programm zur Suchtprävention
Raquel Paz Castro, Severin Haug & Andreas Wenger


Zusammenfassung
Mobiltelefone eröffnen neue Möglichkeiten, um bei Jugendlichen über einen längeren Zeitraum hinweg individualisiert Lebenskompetenzen zu fördern und sie in einem risikoarmen Umgang mit Suchtmitteln zu unterstützen. ready4life ist ein Programm zur Suchtprävention bei Lernenden in der Berufsausbildung, das sowohl substanzspezifische als auch substanzunspezifische Elemente beinhaltet und damit der Heterogenität im Konsumverhalten Lernender gerecht wird. Berufslernende werden primär innerhalb des Schulunterrichts zur Programmteilnahme eingeladen. Vorliegende Arbeit untersuchte für das App-basierte Programm, welcher Anteil Jugendlicher am Programm teilnimmt und welche Charakteristika auf Ebene der Schulklasse, der rekrutierenden Person und der Berufslernenden die Teilnahmebereitschaft am Programm beeinflussen. Insgesamt wurden im Schuljahr 2020/21 Berufslernende in 493 Klassen zur Programmteilnahme eingeladen. Aus 392 (79.5%) dieser 493 Schulklassen lagen Informationen zur Anzahl der in der Schulklasse anwesenden Lernenden vor, welche für die Analysen zur Erreichbarkeit auf Ebene der Schulklasse berücksichtigt wurden. Auf Grundlage dieser Daten zeigte sich, dass gut die Hälfte (58%) der Berufslernenden die App auf ihr Smartphone luden und bereit waren, am Programm teilzunehmen. Neben der Rolle der Rekrutierungsperson (Lehrperson vs. Fachperson für Suchtprävention) hatten keine Merkmale der Schulklasse, der Rekrutierungsperson oder –situation einen signifikanten Einfluss auf die Teilnahmequote in den Schulklassen. Auf individueller Ebene zeigte sich eine höhere Teilnahmebereitschaft am Programm bei Frauen, bei jüngeren Berufslernenden, bei Nicht- und Gelegenheitsrauchenden, bei Lernenden mit sehr risikoreichem Internetgebrauch, bei Lernenden mit höherer Selbstwirksamkeitserwartung sowie bei Jugendlichen, die an einem Brückenangebot teilnahmen. Als Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen ergeben sich (1) insbesondere in Klassen mit einem hohen Anteil Rauchender, männlicher Jugendlicher und Lernender im späteren Jugendalter sollte viel Zeit und Energie für eine gezielte Motivation zur Programmteilnahme aufgewendet werden. (2) Die Relevanz des Programms insbesondere für Jugendliche mit diesen Charakteristika sollte hervorgehoben werden und (3) insbesondere Jugendliche mit diesen Charakteristika sollten in einem partizipativen Vorgehen bei der Weiterentwicklung des Programms mit
einbezogen werden.

Schlüsselwörter: Mobiltelefon, Berufslernende, Suchtprävention, Lebenskompetenzen, Teilnahmebereitschaft


Summary
Mobile phones open up new possibilities to promote life skills in young people on an individualised basis over a longer period of time and to support them in a low-risk approach to addictive substances. ready4life is a programme for addiction prevention among students in vocational training that includes both substancespecific and non-substance-specific elements and thus does justice to the heterogeneity in the consumption
behaviour of students. Vocational students are primarily invited to participate in the programme during school lessons. This study investigated for the app-based programme what proportion of young people participate in the programme and which characteristics at the level of the school class, the recruiting person and the vocational students influence the willingness to participate in the programme. In total, vocational students in 493 classes were invited to participate in the programme in the school year 2020/21. From 392 (79.5%) of these 493 classes, information was available on the number of students present in the class, which was taken into account for the analyses on accessibility at the school class level. Based on this data, it was found that more than half (58%) of the vocational students downloaded the app on their smartphone and were willing to participate in the programme. Apart from the role of the recruiter (teacher vs. addiction prevention specialist), no characteristics of the school class, recruiter or situation had a significant influence on the participation rate in the school classes. At the individual level, there was a higher willingness to participate in the programme among women, younger vocational students, non-smokers and occasional smokers, students with high-risk internet use, students with higher perceived self-efficacy and young people who participated in a transitional programme from school education to vocational training. Conclusions from the results are (1) especially in classes with a high proportion of smokers, male adolescents and learners in later adolescence, a lot of time and energy should be spent on targeted motivation for programme participation. (2) The relevance of the programme especially for young people with these characteristics should be emphasised and (3) especially young people with these --characteristics should be involved in a participatory approach in the further development of the programme.

Keywords: mobile phone, vocational learners, addiction prevention, life skills, willingness to participate


Dr. Raquel Paz Castro
Psychologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin
am Schweizer Institut für Sucht- und
Gesundheitsforschung. Forschungsschwerpunkte:
mHealth, Jugendliche, Suchtprävention,
Chancengleichheit.
raquel.paz@isgf.uzh.ch


Priv.-Doz. Dr. Dr. Severin Haug
Psychologe und Forschungsleiter am
Schweizer Institut für Sucht- und Gesundheitsforschung.
Forschungsschwerpunkte:
mHealth, Jugendliche, Suchtprävention.
severin.haug@isgf.uzh.ch


Andreas Wenger
Psychologe und wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Schweizer Institut für
Sucht- und Gesundheitsforschung.
Forschungsschwerpunkte: internetbasierte
Interventionen.
andreas.wenger@isgf.uzh.ch



Internetbasierte Suchtberatung – Irrweg oder Methode der Zukunft?
Michael P. Schaub


Zusammenfassung
Menschen mit Suchterkrankungen warten oft zu lange, bis sie ein klassisches suchttherapeutisches Angebot wahrnehmen. Gründe dafür sind unter anderem in der Angst vor Stigmatisierung sowie in Schuldund Schamgefühlen zu suchen. Oft wollen sie ihr Suchtverhalten erst einfach selbst versuchen in den Griff zu kriegen. Gerade hier bieten das Internet und Mobiltelefontechnologien geeignete anonyme Ansätze. Erste
Meta-Analysen konnten insbesondere die Wirksamkeit von Programmen mit angeleiteter internetbasierter Selbsthilfe (Englisch: guided self-help) bei Alkoholmissbrauch und einzelne Studien bei Cannabismissbrauch zeigen. Seit der COVID-19-Krise ist aufgrund der Kontakteinschränkungen das Interesse an internetgestützten Therapieformen enorm gewachsen. Viele Wissenschaftler sehen in dieser Krise den direkten Beschleuniger für die digitale Transformation von bisher in direktem Kontakt verlaufenden therapeutischen Settings. In der Suchtberatung und Suchttherapie sind insbesondere ambulante, teilstationäre und Settings in der Nachsorge von Relevanz. Hierzu gehören vorwiegend sogenannte Blended Therapieformen, bei welchen für Patienten und Klienten ein persönlicher Weg hin zur Verbesserung zusammengestellt wird, der aus einer möglichst idealen Kombination aus Face-to-Face-Sitzungen und Online-Therapieeinheiten besteht. Der vorliegende Artikel wird einerseits die Konzeptualisierung der unterschiedlichen Online-Settings von der internetgestützten Selbsthilfe bis zu Blended Therapieformen, deren Evidenzlage und entsprechenden Zukunftsperspektiven für die Suchthilfe erörtern.

Schlüsselwörter: Internet, online, webbasiert, Suchttherapie, Suchtberatung, blended, guided


Summary
People with substance use disorders often wait too long before seeking traditional addiction therapy. Reasons for this include fear of stigmatization and feelings of guilt and shame. Often, they simply want to try to handle the addictive behavior themselves. This is precisely where the Internet and mobile phone technologies offer suitable anonymous approaches. Initial meta-analyses have shown the effectiveness of programs with guided Internet-based self-help for alcohol misuse and individual studies for cannabis misuse. Since the COVID-19 crisis, interest in Internet-based therapies has grown enormously due to contact restrictions. Many researchers see this crisis as the direct accelerator for the digital transformation of previously face-to-face therapeutic settings. In addiction counseling and addiction therapy, outpatient, day-care, and aftercare settings are particularly relevant. These mainly include so-called blended therapy forms, in which a personal path to improvement is put together for patients and clients, consisting of the ideal possible combination of face-to-face sessions and online therapy units. This article will discuss the conceptualization of different online settings from Internet-based self-help to blended therapies, their evidence base and corresponding future perspectives for addiction care.

Keywords: internet, online, web-based, substance use disorders, blended, guided


Prof. Dr. Michael P. Schaub
Psychologischer Psychotherapeut, seit 2002
in der Suchtforschung tätig. Wissenschaftlicher
Direktor des WHO-Kollaborationszentrums
Schweizer Institut für Sucht- und
Gesundheitsforschung (ISGF), einem assoziierten
Institut der Universität Zürich und
Titularprofessor für klinische Psychologie an
der gleichnamigen Universität. Forschungsschwerpunkte:
Neue Medien, Public Health,
Evaluations- und Wirksamkeitsstudien,
Qualitätssicherung.
michael.schaub@isgf.uzh.ch


 

Der Therapeut in der Hosentasche – Smartphone-Applikationen als (Co-)Therapeuten?
Oliver Scheibenbogen


Zusammenfassung
Der Umstand, dass Smartphones allgegenwärtig sind, nahezu jede Person ein Smartphone besitzt (Marktdurchdringung größer 90%) und in der Regel dieses zwischen 30- und 50-mal am Tag aktiviert wird, macht es für viele App-Entwickler, aber auch Gesundheitsdiensteanbieter als potentielles Therapeutikum sehr interessant. Wurde vor einigen Jahren eine „Fernbehandlung“ mittels telemedizinischer Applikationen eher kritisch betrachtet, erleben eHealth-Anwendungen seit der COVID-19-Krise einen regelrechten Boom. Apps zur Veränderung des Konsumverhaltens bieten den Vorteil, Betroffene in ihrer natürlichen Umgebung begleiten und entsprechend Interventionen setzen zu können. Während Face-to-Face-Interventionen im ambulanten Setting nur niederfrequent stattfinden (in der Regel maximal ein- bis zweimal die Woche), können Behandlungen am Smartphone wesentlich häufiger und unabhängig von Ort und Zeit durchgeführt werden. Jedoch besteht bis dato ein erheblicher Mangel an wissenschaftlichen Studien zur Akzeptanz und Effektivität dieser digitalen Therapieansätze, ebenso ist die Qualität der angebotenen Applikationen für potenzielle Nutzer kaum zu überblicken. Der Artikel gibt einen Einblick in die gegenwärtige Studienlage, geht der Frage der notwendigen „Guidance“ (Unterstützung durch erfahrene Therapeuten) nach und stellt eine komplementäre Eigenentwicklung vor.

Schlüsselwörter: eHealth, App-gestützte Therapie, guided therapy, Suchtbehandlung


Summary
The fact that smartphones are ubiquitous, that almost every person owns a smartphone (market penetration greater than 90%) and that they are usually activated between 30 and 50 times a day makes it very interesting for many App developers, but also healthcare providers as a potential therapeutic. Whereas a few years ago remote treatment by means of telemedical applications was viewed rather critically, eHealth applications have been experiencing a real boom since the COVID-19 crisis. Apps for changing consumer behavior offer the advantage of being able to accompany affected persons in their natural environment and to set appropriate interventions. While face-to-face interventions in the outpatient setting can only take place at low frequency (usually once or twice a week at most), treatments on smartphones can be carried out much more frequently and independently of time and place. However, to date there is a considerable lack of scientific studies on the acceptance and effectiveness of these digital therapy approaches, and the quality of the applications offered is also difficult for potential users to survey. The article provides an insight into the current state of studies, addresses the question of the necessary guidance (support by therapists) and presents a complementary proprietary development.

Keywords: eHealth, therapy apps, guided therapy, addiction treatment

Mag. Dr. Oliver Scheibenbogen
Klinischer Psychologe und Gesundheitspsychologe,
Biofeedbacktherapeut und -lehrtherapeut.
Leiter der Klinischen Psychologie
sowie der Akademie und der Forschung und
Evaluation am Anton-Proksch-Institut.
Stv. Vorstand des Instituts für Sozialästhetik
und psychische Gesundheit an der Sigmund-
Freud-Privatuniversität. Er beschäftigt sich
seit über 20 Jahren mit der Behandlung von
Suchterkrankten, seit etwa fünf Jahren auch
mit den Themen eMental-Health und der
Mensch-Maschinen-Interaktion.
office@scheibenbogen.at



Selbstmedikation, Regression, Progression. Assoziative Anmerkungen zu Thomas Vinterbergs Film Der Rausch
Maximilian Römer

 

Zusammenfassung
Der vorliegende Text präsentiert Assoziationen zu Thomas Vinterbergs Film Der Rausch (2020). Nebst einer kurzen Skizze des Inhaltes und Betrachtung der Initialszene werden assoziative Annäherungen zu den im Film verhandelten Phänomenen der Regression, Selbstmedikation und Progression präsentiert.

Schlüsselwörter: Der Rausch, Thomas Vinterberg, Regression, Selbstmedikation, Alkoholismus


Summary
The given text illustrates some associations to Thomas Vinterberg’s movie Another Round (2020). Besides a sketch of the movie’s plot and some thought concerning the opening scene, associative approaches towards the movie’s inherent phenomena such as regression, self-medication and progression will be presented.

Keywords: Another Round, Thomas Vinterberg, regression, enhancement, alcoholism

Maximilian Römer, M.Sc.
Psychologe in der Hartmut-Spittler-Fachklinik
Berlin, Kandidat in Ausbildung zum tiefenpsychologisch
fundierten Psychotherapeuten
und Psychoanalytiker (BIPP).
maximilian.d.roemer@googlemail.com


 

Bildstrecke

 



Wir sind alle süchtig. Anmerkungen zur Internetsucht
Robert Feustel


Zusammenfassung
Die Vorstellung, Menschen könnten vom Internet abhängig sein, also im Sinne einer Sucht, kam als Witz auf die Welt. Schon damals – 1994 – war strittig, welche Aussagekraft das Konzept einer Internet Addiction Disorder haben könnte. Mittlerweile hat die technische Entwicklung die halbwegs saubere Trennung von online und offline ad absurdum geführt; wir sind alle ständig online. Das bedeutet auch, dass sozial und medizinisch möglicherweise problematische Verhaltensweisen kaum mehr an der Idee Internet hängen können. Um nicht in politischen Gefechten zu landen, die länger schon Drogen und Sucht zur Waffe gegen Minderheiten und störende Jugendliche umfunktioniert hat, wäre es also ratsam, die Dinge konkreter zu benennen und von einem entleeren Containerbegriff wie Internetsucht abzurücken.

Schlüsselwörter: Internet, Witz, Sucht, Drogen, Problematisierung, Geschichte, doing addiction, IAD


Summary
The idea that people could get addicted to the internet was first drawn as a joke. Even then, 1994, it was controversial if the new Internet Addiction Disorder (IAD) had any significance. By now, the technical developments have made a mockery of the distinction between online and offline – we all are online all the time. This implies that somewhat socially or medically problematic behavior is no longer related to a thing called internet. Hence, if serious discussions on serious problems shall not be overtaken by political interests, it could be worth dropping the notion of IAD as such.

Keywords: internet, joke, addicition, drugs, doing addiction, history, IAD


PD Dr. Robert Feustel
beschäftigt sich mit politischer Theorie,
Kultursoziologie sowie Wissenschaftsgeschichte;
ist Politikwissenschaftler von Haus
aus, promoviert in Leipzig, habilitiert im Fach
Soziologie in Jena, lehrt und arbeitet mittlerweile
in Jena und Leipzig.
robert.feustel@uni-leipzig.de



„Beängstigend, wie heute Sucht designt wird“
Martin Tauss im Gespräch mit Bruce K. Alexander


Zusammenfassung
„Ich habe mein ganzes Leben damit verbracht, einer einzigen Idee nachzugehen“, sagt Bruce Alexander im vorliegenden Interview. Gemeint ist die „Dislocation Theory of Addiction“, die der emeritierte Professor an der Simon Fraser University in seinem Buch „The Globalization of Addiction“ (2009) untermauert. Sein Werk stützt sich auf Evidenz aus medizinischer und psychologischer Forschung, aber auch auf historische, soziologische und anthropologische Befunde. Im Interview erläutert der Psychologe seinen radikal erweiterten Suchtbegriff und blickt auf aktuelle Entwicklungen, für die seine Theorie relevant erscheint: (1) die erneute Attraktivität totalitärer Tendenzen, dargestellt am Phänomen Donald Trump; (2) die hartnäckigen Widerstände, angemessen auf den Klimawandel zu reagieren; sowie (3) das zunehmende Design von Produkten mit hohem Suchtpotenzial im digitalen Kapitalismus. Und er unterstreicht seine Kernbotschaft: Im globalen Maßstab kann Suchtbekämpfung nur dann erfolgreich sein, wenn sie auch als soziales und politisches Projekt begriffen wird.

Schlüsselwörter: Bruce Alexander, Sucht, Drogen, Digitalisierung, Gaming, (Hyper-)Kapitalismus


Summary
“All my life I have dedicated myself to just one big idea“, says Bruce Alexander in the interview. It is the „dislocation theory of addiction“, which the Professor Emeritus at Simon Fraser University presents in his book “The Globalization of Addiction“ (2009). His work is based on clinical and psychological evidence, but also draws on historical, sociological and anthropological research. In the interview, the psychologist explains his broadened view on addiction and looks at current trends, for which his theory seems to be relevant: (1) the new appeal of totalitarian tendencies, which is apparent in the phenomenon of Donald Trump; (2) the tenacious resistance to effective climate protection; and (3) the increasing number of products designed with addictive potential in digital capitalism. Thereby he emphasizes his main message: On a global scale, the fight against addiction can only be successful, when it is also seen as a social and political project.

Keywords: Bruce Alexander, addiction, drugs, digitalization, gaming, (hyper-)capitalism

 

Prof. Bruce Alexander
Professor Emeritus am Department of
Psychology an der Simon Fraser University
in Burnaby, B.C., Kanada.
Autor von „The Globalization of Addiction.
A Study in Poverty of the Spirit“, Oxford University
Press, 2009, sowie „A History of Psychology
in Western Civilization“ (mit Curtis P. Shelton),
Cambridge University Press, 2014


Dr. Martin Tauss
Leitender Redakteur für Wissenschaft
und Lebenskunst bei der österreichischen
Wochenzeitung DIE FURCHE (www.furche.at)
sowie assoziiertes Mitglied am Institut
für Sozialästhetik und psychische Gesundheit
der Sigmund-Freud-Privatuniversität (SFU)
Wien.
mtauss@kabelplus.at



Dionysos – mehr als Wein und Rausch!
Michael Klein


Zusammenfassung
Der altgriechische Gott Dionysos gilt gemeinhin als der Gott des Weines und des Rausches. Darüber hinaus können in dem über 2 000 Jahre währenden Dionysos-Kult weitere relevante Themen gefunden werden, ohne die die antike Welt der Dionysos-Verehrung nicht verständlich ist und die in engem Bezug zu Weinkonsum und Rauscherleben stehen. Dazu gehören die spirituelle Dankbarkeit gegenüber der Naturgabe des Weines, die besondere Rolle der Frauen im Kult bei Ekstase, Tanz, Musik und Berauschung und die vielseitigen Gesichter des Gottes selbst. Hier finden sich wiederholt Motive wie die Nähe zur Natur, Bestrafungen für Nicht-Gläubige, Besessenheit und Wahnsinn und schließlich Tod und Wiedergeburt neben Rausch und Ekstase als zentrale Inhalte des Kultes. Die Auswirkungen des Dionysos-/Bacchus-Kultes auf das römische Staatswesen, die Verfolgung der Anhänger und die spätere Integration der Bacchanalien in die Staatsräson können als frühe Form einer staatlichen Drogenpolitik und -regulierung verstanden werden. Abschließend werden Konsequenzen der Inhalte und Folgen des Kultes für heutige Drogenpolitik und den Umgang mit Bürgerrechten diskutiert. Die Frage eines selbstbestimmten Rechts auf Rausch begleitet die Menschen seit vielen Jahrtausenden und wird es auch in Zukunft tun. Der Dionysos-Kult ist ein Beispiel, wie das Streben nach Berauschung ausgelebt und zugleich eingehegt wurde.

Schlüsselwörter: Dionysos, Bacchus, Dionysien, Wein, Kult, Rausch, Ekstase, Frauen, Tanz, Musik, Gottheit, Verfolgung, Drogenpolitik


Summary
The ancient Greek god Dionysus usually is seen to be the god of wine and ecstasy. But in addition, during the 2,000 years of the Dionysus cult, many other relevant themes can be found. Without considering these themes a deepened understanding of the worship of Dionysus is not to be reached. To consider in a broader context are the spiritual gratitude for wine as the nature´s gift, the special role of women in the cult as with
ecstasy, dance, music and intoxication. Thus, Dionysus is a versatile deity. All over, motives of relatedness to the origins of nature, punishment for unbelievers, obsessiveness, delusion, death, and even rebirth can be found as central aspects of the cult. The consequences of the Dionysus and later Bacchus cult on the Roman state, the cruel prosecution of the followers, and later on the integration of the Bacchanalians in the reason of state can be seen as early attempts of public drug policy and drug regulation. Finally, the consequences of the contents and consequences of the Dionysus cult for nowadays drug policy and civil rights are discussed. The theme of self-determined right for ecstasy continues to be a vital question for mankind since thousands of years. The ancient cult of Dionysus and his followers is a good example of how the human craving for ecstasy can be acted out and also be enclosed.

Keywords: Dionysus, Bacchus, Dionysia, wine, cult, intoxication, ecstasy, women, dance, music, deity, prosecution, drug policy


Prof. Dr. Michael Klein
Rheinisches Institut für Angewandte
Suchtforschung (RIAS)
Aachener Straße 489
D-50933 Köln
mikle@t-online.de
www.addiction.de



Maßnahmenplan für eine nachhaltige Reduktion drogenbedingter Todesfälle in Deutschland
Heino Stöver & Dirk Schäffer

 

Prof. Dr. Heino Stöver
Professor für sozialwissenschaftliche Suchtforschung
an der Frankfurt University of Applied
Sciences, geschäftsführender Direktor des Instituts
für Suchtforschung Frankfurt (ISFF) und
Vorstandsvorsitzender von akzept e.V. (Bundesverband
für akzeptierende Drogenarbeit
und humane Drogenpolitik). www.isff.info
hstoever@fb4.fra-uas.de

 


rausch -  Wiener Zeitschrift für Suchttherapie
10. Jahrgang • 2021 • Heft 3
Pabst, 2021 ISSN 2190-443X
Preis: 15,- €

 

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