Inhaltsverzeichnis
Editorial
MTK: Drei Jahrzehnte Fachzeitschrift für künstlerische Therapien
Karl Hörmann
Unbewusste Bilder
Quantentheoretische Anmerkungen zu den frühen Eindrücken der Menschheits- und Kindheitsgeschichte
Karl-Heinz Menzen
Abstract PDF
Kunsttherapeutische Förderung an Schulen und deren Wirksamkeit im Spiegel der projektiven Testverfahren „Ein Mensch pflückt einen Apfel vom Baum“ und „Das Vogelnest“
Ruth Hampe
Abstract PDF
Das Selbst als Tor und Brücke in den Basisbewegungen des Tango Argentino
Johannes Feuerbach
Abstract PDF
Das Selbstbildnis als Gegenstand der Selbstbeobachtung in der bildenden Kunst des 20. Jahrhunderts und in der Kunsttherapie
Simone Iris Riehle-Unkelbach
Abstract PDF
Gesundheit, Krankheit und die Macht der Musik im Licht der Geschichte
Werner F. Kümmel
Abstract PDF
Bildstrecke Paul Klee
Bekanntmachung
Gründung des Forschungszentrums für künstlerische Therapien an der Beijing Normal University 北京师范大学 艺术与传媒学院
Music therapy & psychiatric diagnoses: approaches, facets, and issues. A commented review
Wolfgang Mastnak
Abstract PDF
Favoring mentalization with drug addicted prisoners: theoretical reflections based on action research
Lony Schiltz
Abstract PDF
Das Fremde in mir: Kunstpsychotherapeutische Behandlung jugendlicher Borderline-Patienten
Lony Schiltz
Abstract PDF
Aus der praxis
Vom Teil zum Ganzen. Ein aktualgenetischer Prozess in der kunst- und suchttherapeutischen Arbeit
Anne Schulz-Delcuve
Abstract PDF
Rezensionen
J. A. Fischer: Über die Wahrnehmung von Kunst im Gehirn
H. Duncker, R. Hampe & M. Wigger (Hrsg.): Kreative Lernfelder. Künstlerische Therapien in Kultur- und Bildungskontexten
E. Altenmüller: Vom Neandertal in die Harmonie. Warum der Mensch ohne Musik nicht leben kann
Unbewusste Bilder
Quantentheoretische Anmerkungen zu den frühen Eindrücken der Menschheits- und Kindheitsgeschichte
Karl-Heinz Menzen
Zusammenfassung
Es ist ein langer Weg, den die ersten inneren Bilder des Menschen zurücklegen, bis sie im Bewusstsein dokumentiert sind. Immer wieder geschieht das, was Wissenschaftler ein Amalgam von Bewusstem und Unbewusstem nennen; von dem sie annehmen, dass diese beide Funktionen unseres Vorstellens in wortwörtlich „transzendenter Funktion“ sind, d.h. nur durch eine Schwelle getrennt, in stetem Fluss sind. Es handelt sich dabei um eine kontinuierliche Ein- und Vermischung dieser Vorstellungsformen, die durch die progressive Synthese bewusster und unbewusster Gegebenheiten, sprich: durch die Synchronisation dieser ggfs. Erinnerungsstücke mit immer wieder neuen Assoziationen entstehen. Angesichts der von Jean Piaget immer wieder ins Spiel gebrachten und evolutionstheoretisch belegten These, dass stammes-(phylo-)- und individualgeschichtliche Aneignung (ontogenetisch) korrespondieren, dürfen wir zumindest hypothetisch von dieser These von uns allen seit Kindesbeinen inhärenten logischen Denk-, Vorstellens- und Wahrnehmungsmustern ausgehen, von im Laufe der Evolution ermittelten einfachen Anschauensformen, die innerbildhaft und ästhetisch als Formenrepertoire unserer unbewussten Bilder einen Prozess ständiger Veränderung des Bewusstseins initiieren. Wir reden über einen psychologisch wie biologisch und physikalisch metrisierenden gestalt-wahrnehmenden Umgang mit den Dingen des alltäglichen Lebens, der von Entwicklungspsychologen (Piaget), Neurologen (Ramachandran) und Quantentheoretikern (Heisenberg, Pauli) in Übereinstimmung mit dem Tiefenpsychologen
C. G. Jung als zunächst nach den euklidisch, sich später nach den geometrisch-algebraischen, in der Konzeption des Mathematikers Riemann den Raum mitkonzipierend sich orientierenden Gestaltgesetzen zu begreifen ist. Der seit der frühen Kindheit geschehende An- und Übereignungsprozess ist dem hier Schreibenden am ehesten erklärbar über den sowohl entwicklungs- wie quantentheoretischen Hinweis auf die evolutionsbiologisch-optimierenden Gründe der Naturentwicklung. Diese verweist auf das Prinzip der Einfachheit und Durchsetzbarkeit der anorganischen und organischen Naturentwicklung und ist am ehesten erklärbar und am schwierigsten mit den Thesen einer topologisch-geometrischen und darüber hinaus einer algebraischen Sicht begreifbar, die, der hier Schreibende gesteht es, dem nicht mathematisch Versierten schwer zugängig ist. Die Einlassungen des Entwicklungspsychologen Jean Piaget (1973), des Neurologen Ramachandran (2005), wie letztlich die Gespräche zwischen dem Tiefenpsychologen C. G. Jung und dem Quantentheoretiker W. Pauli (1932-1955) haben uns darauf aufmerksam gemacht, dass die geometrisierendtopologische Gestaltbildung der neuronalen Tätigkeiten des Gehirns als grundlegend für unser ästhetisches Erkennen angesehen werden muss. Was hiernach zu lernen gilt, heißt: Die unbewussten Bilder sind, wie C. G. Jung, uns alle provozierend eingesteht, nicht ausschließlich als psychische zu begreifen.
Schlüsselwörter: Verhältnis Unbewusstes und Bewusstes, Tiefenpsychologie und Quantentheorie, Bild-Gestalt und topologische Geometrie, Entstehung der Bilder aus dem Unbewussten, Statement Piagets zu den Ordnungsstrukturen der Entwicklung unserer Wahrnehmung seit der Kindheit
Unconscious images
Quantum theoretical remarks on the early impressions of human and childhood history
Abstract
It is a long journey that man’s first inner images travel until they are documented in consciousness. Time and again, what scientists call an amalgam of the conscious and the unconscious happens; of which they assume that these two functions of our imagination are literally ‘transcendental’,
i. separated only by a threshold, are in constant flux. It involves a continuous intermingling and mixing of these forms of imagination that arise through the progressive synthesis of conscious and unconscious circumstances, that is, by the synchronization of these possibly mementos with ever new associations. In view of Piaget’s repeated and evolutionary-theoretical thesis that tribal (phylo-) and individual-historical appropriation (ontogenetically) correspond, we may at least hypothetically refer to this thesis of all of us as innate logical thinking, imagination – and perceptual patterns emanating from evolutionary ascertained simple forms of intuition, which initiate a process of constant change of consciousness within the image and aesthetics as the repertoire of our unconscious images. We talk about a psychologically as well as biologically and physically metric gestalt-perceiving handling of the things of everyday life, of developmental psychologists (Piaget), neurologists (Ramachandran) and quantum theorists (Heisenberg) in accordance with the depth psychologist C. G. Jung is to be understood first as Euclidean, later after the geometrical-algebraic gestalt laws that form the space with conceptualizing oneself (Riemann). The acquisition and transference process that has taken place since early childhood can best be explained to the person writing here by the developmental and quantum theoretical reference to the evolutionary-biological reasons of nature development. This refers to the principle of simplicity and enforceability of inorganic and organic natural development and is most readily explainable and most difficult to grasp with the theses of a topological-geometric and beyond an algebraic point of view, which, the writer here admits it, not mathematical savvy is difficult to access. The submissions of the developmental psychologist Jean Piaget (1973), the neurologist Ramachandran (2005), as ultimately the discussions between the depth psychologist C. G. Jung and the quantum theorist W. Pauli (1932-1955) have pointed out to us that the geometricizing-topological formation of the neuronal activities of the brain must be regarded as fundamental to our aesthetic cognition. What has to be learned here is: The unconscious images, like C. G. Jung, all of us are provocatively admitted not to understand only as psychic.
Keywords: relationship unconscious and conscious, depth psychology and quantum theory, image-shape and topological geometry, creation of images from the subconscious, Piaget’s statement to the order structures of perception
Prof. Dr. phil. habil. Karl-Heinz Menzen
Hornweg 4
D-79271 St. Peter
karl-heinz.menzen@t-online.de
www.kunsttherapie-menzen.com
Kunsttherapeutische Förderung an Schulen und deren Wirksamkeit im Spiegel der projektiven Testverfahren „Ein Mensch pflückt einen Apfel vom Baum“ und „Das Vogelnest“
Ruth Hampe
Zusammenfassung
Der Beitrag ist auf eine Schulprojektarbeit in Freiburg i. Br. bezogen, wo u.a. mit den projektiven Testverfahren „Ein Mensch pflückt einen Apfel vom Baum“ und „Das Vogelnest“ in der Prä- und Post-Auswertung gearbeitet wurde. Zur Wahrnehmung der Wirksamkeit ästhetisch-gestalterischer bzw. kunsttherapeutischer Förderung wurden neben quantitativen und qualitativen Verfahren diese projektiven Testverfahren eingesetzt, was die Entwicklung der Selbstkompetenz und des Bindungsverhaltens betraf. In Anlehnung an Studien zum Einsatz der projektiven Testverfahren sollte zudem deren Reliabilität im Rahmen eines schulischen Angebotes zur Inklusion und Teilhabe überprüft werden.
Schlüsselwörter: projektive Testverfahren, ästhetisch-gestalterische Förderung, Selbstkompetenz, Bindung
Art therapeutic support in schools and the effectiveness in the mirror of the projective tests ‘a man picks an apple from the tree’ and ‘the bird’s nest’
Abstract
The article is related to a school project in Freiburg, where among others the projective tests ‘A man picks an apple from the tree’ and ‘The bird’s nest’ in the pre- and post-evaluation were used. In addition to quantitative and qualitative methods, these projective test were used for the perception of the effectiveness in using aesthetic expression, respectively art therapy as regards to the development of self-competence and attachment behavior. In line with studies on the use of projective test procedures, their reliability should also be checked as part of a school support in relation to inclusion and participation.
Keywords: projective tests, aesthetic-creative expression, self-competence, attachment
Prof. Dr. phil. habil. em. Ruth Hampe
Studiengang Heilpädagogik an der KH Freiburg
mit den Schwerpunkten Heilpädagogik,
Rehabilitation und Kunsttherapie
Hartwigstraße 34
D-28209 Bremen
hampe-ruth@t-online.de
Das Selbst als Tor und Brücke in den Basisbewegungen des Tango Argentino
Johannes Feuerbach
(Illustrationen von Christine Bülow)
Zusammenfassung
Es werden paardynamische Reflexionsmöglichkeiten der Basisbewegungen des Tango Argentino vorgestellt; insbesondere das tangotypische Gehen El Caminar. Dabei wird auf das Verständnis des Selbst und des Kontakts als den beiden zentralen Konstrukten der Gestalttherapie und auf die Selbsterfahrungsmethode für Paare, „Beziehung, die man tanzen kann“, rekurriert.
Schlüsselwörter: Gestalttherapie, Selbst, Paar-Selbsterfahrung, „Beziehung, die man tanzen kann“, Körperlernen, Tango Argentino
The self as gateway and bridge in the basic movements of Tango Argentino
Abstract
This essay describes a way to explore relationship dynamics through the basic movements of Tango Argentino, notably the characteristic tango walk known as El Caminar. Recurrent themes are the perceptions of self and of contact as the two central constructs of Gestalt therapy, and “The Dance of Relationship”, a self-discovery tool for couples.
Keywords: Gestalt therapy, self, partnership awareness, the dance of relationship, the body as a learning resource, Tango Argentino
Johannes Feuerbach
Diplom-Pädagoge
Gestalttherapeut DVG, EAGT und EAP
Dozent, Supervisor und Lehrtherapeut
Psychotherapeutische Praxis
Nordhauser Straße 7
D-10589 Berlin
beratung@feuerbach.biz
Christine Bülow
Lehrerin, Künstlerin und Tangotänzerin
Hochwildpfad 1
D-14169 Berlin
www.christine-b.com
Das Selbstbildnis als Gegenstand der Selbstbeobachtung in der bildenden Kunst des 20. Jahrhunderts und in der Kunsttherapie
Simone Iris Riehle-Unkelbach
Zusammenfassung
Dieser Beitrag befasst sich mit der Selbstbeobachtungsfähigkeit im Selbstbildnis der bildenden Kunst des 20. Jahrhunderts und der Introspektionsfähigkeit unter dem Aspekt der Aktivierung der Ressourcen und Stimulierung der Selbstheilungskräfte. Es wird untersucht, inwieweit das Selbstbildnis als Selbstausdruck in Kunst und Kunsttherapie definiert und in ihnen als Gegenstand der Selbstbeobachtung verwendet wird bzw. werden kann. Die Fragestellung ist interdisziplinär – geleitet von der Überzeugung, dass die Vielfalt der ästhetischen wie therapeutischen Realität nicht durch die Begrenzung auf einen einzigen „Standpunkt“ zu erfassen ist. Deshalb zieht dieser Beitrag für die Frage nach der Selbstbeobachtungsfähigkeit im Selbstbildnis gleichermaßen vergleichende und quellenkritische Analysen aus den Gebieten der Kunstwissenschaft, der Kunsttheorie, der Kunstpsychologie und der Kunsttherapie heran.
Schlüsselwörter: Selbstbildnis, Selbstbeobachtung, Introspektionsfähigkeit, Übergangsobjekt, Objektbeziehungstheorie, Selbstregulierungsfähigkeit, Resilienzfähigkeit, Ambiguitätstoleranz, Identität, imaginärer Raum
The self-portrait as the subject of self-observation in the visual arts of the 20th century and art therapy
Abstract
This treatcase explores the faculty of self-observation in the self-portraiture of 20th century fine arts and the capacity for self-observation with respect to the activation of resources and stimulation of the powers of self-healing. The paper will determine the extent to which self-portraiture can be equated with self-expression in art and art therapy, and how self-portraits are, or can be, used as an object of self-observation. The work is interdisciplinary – guided by the conviction that the diversity of the aesthetic and therapeutic reality cannot be reduced to a single ‘point of view’. Therefore, this thesis makes use of both comparative and source-critical analysis from the fields of art history, art theory, art psychology and art therapy in order to examine the capacity of self-observation inherent in self-portraiture.
Keywords: self-portrait, self-observation, introspection, self-regulation, resilience, tolerance of ambiguity, identity
Dr. Mag. B.C.D.
Simone Iris Riehle-Unkelbach
Kunstwissenschaftlerin, Kunstpsychologin,
ganzheitliche Kunsttherapeutin;
Projektleiterin und Kunstpsychologin
der Kunstsammlung Würth, Schwäbisch Hall;
Leitung Institut für Selbstbildforschung
und Praxis für Selbstentwicklung
im Atelier für Kunst und Therapie
Großlindig 6
D-74638 Waldenburg
kontakt@atelier-kunst-therapie.life
www.atelier-kunst-therapie.life
Gesundheit, Krankheit und die Macht der Musik im Licht der Geschichte
Werner F. Kümmel
Zusammenfassung
Lange bevor das moderne Fach „Musiktherapie“ in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstand, gab es schon eine enge praktische Verbindung zwischen Musik und Medizin. Basierend auf Konzepten der griechischen Antike (Musik als Ausdruck universeller „Harmonie“, Wechselbeziehungen zwischen Körper und Seele, Prinzip der präventiven Medizin), hatte die Musik vom neunten Jahrhundert an eine feste Position in der Medizin, zuerst in der arabischen Kultur, wenig später auch in ganz Europa. Mit ihrer beruhigenden oder aufmunternden Wirkung auf Seele und Körper diente Musik ebenso zur Erhaltung der Gesundheit wie zur Linderung von Krankheit und zur Unterstützung der Therapie (z.B. bei psychischen Störungen, Schmerzen, Schlaflosigkeit, Seuchen). Diese Funktion der Musik in der vormodernen Medizin darf aber nicht als direkte
„Vorgeschichte“ moderner Musiktherapie interpretiert werden, vielmehr handelt es sich um eine Entwicklung, die mit dem Anschluss der Medizin an die modernen exakten Naturwissenschaften um die Mitte des 19. Jahrhunderts endete.
Schlüsselwörter: Musik und Medizin, vormoderne Medizin, Musik als „Harmonie“, Körper-Seele-Beziehung, präventive Medizin
Health, illness and the power of music in the light of history
Abstract
Close practice-based connections between music and medicine existed long before the ‘modern’ establishment of music therapy as a speciality course in the second half of the twentieth century. Based on ancient Greek concepts – understanding music as an expression of universal harmony, stressing the interrelation of body and soul, and placing the prophylaxis as the leading principle in medicine – music played an important part within medicine from the nineth up to the nineteenth century, first in the Arab culture, then spreading all over Europe. With its calming and stimulating effects on both, the soul and body, music helped maintaining health, bringing relief in times of illness, and supporting therapy (e. g. mental disorders, pain, loss of sleep, epidemics). This function of music in premodern medicine is not, however, a direct predecessor of current music therapy. It rather has to be considered as a historical development that ended with medicine becoming part of modern exact sciences by the middle of the nineteenth century.
Keywords: music and medicine, pre-modern medicine, music as ‘harmony’, relation of body and soul, preventative medicine
Prof. Dr. phil. Werner F. Kümmel
Institut für Geschichte, Theorie
und Ethik der Medizin
Universitätsmedizin
der Johannes-Gutenberg-Universität
Am Pulverturm 13
D-55131 Mainz
wekuemme@uni-mainz.de
Music therapy & psychiatric diagnoses: approaches, facets, and issues. A commented review
Wolfgang Mastnak
Abstract
Considering typical limitations of systematic reviews and meta-analyses, the present article provides a narrative outline of psychiatric diagnosis-orientation in music therapy. It deals with creativity and experience, pathological core issues, socio-cultural well-being, music for and music with patients, various schools and concepts of music therapy, and musical heritage as crucial perspectives in music therapy. The paper tries to display the huge variety of music therapeutic approaches for psychiatric purposes and the broad spectrum of related research. Indicating contradictions and tensions between standardised diagnostic criteria and common music therapeutic structures, it also involves issues of traumatisation and coping strategies, psychosomatic circuitries, homeostatic equilibrium, and vital energies. The paper considers selected DSM-diagnoses and highlights the wealth of research on music therapy in patients with depressive and psychotic disorders.
Keywords: music therapy, complementary psychiatry, health philosophy, cultural sensitivity, ethno music therapy, music, & medicine, arts, & health
Musiktherapie und psychiatrische Diagnosen: Zugänge, Charakteristika und Probleme. Eine kommentierte Übersichtsarbeit
Zusammenfassung
Als eine Antwort auf charakteristische Beschränkungen in systematischen Reviews und Metaanalysen gibt der vorliegende Artikel einen narrativen Überblick über psychiatrisch-diagnoseorientierte Musiktherapie. Dabei stellt er Kreativität und Erfahrung, pathologische Kernprobleme, soziokulturelles Wohlbefinden, Musik für und mit Patienten, Schulen und Konzepte von Musiktherapie und musikalisches Erbe als Schlüsselperspektiven heraus. Er versucht, die Variationsbreite musiktherapeutischer Herangehensweisen an psychiatrische Therapieziele ebenso ins Bewusstsein zu rücken wie jene der diesbezüglichen Forschung. Spannungen und Widersprüchlichkeiten zwischen standardisierten diagnostischen Kriterien und gängigen musiktherapeutischen Strukturen kommen dabei ebenso zur Sprache wie die Möglichkeit, Kernfragen unter dem Aspekt von Traumatisierung und Verarbeitungsstrategien, psychosomatischen Regelkreisen, Balance und Homöostase sowie Vitalenergie zu sehen. Anhand ausgewählter DSM-Diagnosen wird in Form einer kommentierten Übersichtsarbeit musiktherapeutische Forschung in ihren Ausprägungen vorgestellt. Psychotische Störungen und Depression finden dabei besondere Beachtung.
Schlüsselwörter: Musiktherapie, Komplementäre Psychiatrie, Gesundheitsphilosophie, Kultursensitivität, Musikmedizin, Künste und Gesundheit
Prof. Dr. Dr. Dr. Wolfgang Mastnak
Beijing Normal University,
School of Art and Communication,
Research Centre for Arts Therapies
北京师范大学 艺术与
传媒学院 艺术治疗研
究中心
wolfgang.mastnak@hmtm.de
Favoring mentalization with drug addicted prisoners: theoretical reflections based on action research
Lony Schiltz
Abstract
Background. Prisoners suffering from drug addiction are in a special situation: they are permanently oscillating between consciousness of reality and preservation of their illusory dreams. One goal of arts psychotherapy in prison consists in developing their capacity to elaborate their inner tensions on an imaginary and symbolic level and in favouring their meta-cognitive capacities. If there is no restructuring process of this kind, they risk having a relapse as soon as they are released.
Methods. We present some results of a cross-sectional study, using data of a semi-structured biographical interview and of Rotter’s Sentences Blank, as well as of a prospective longitudinal study, exploring the pictures and literary texts created in the context of arts psychotherapeutic sessions. Original rating scales were created in the phenomenological and structural tradition. They allow passing from qualitative analysis to quantification and the use of non-parametric inferential, correlational and multidimensional statistical procedures.
Results. Based on the evolution of the pictorial and literary production, we extract the first indicators of a possible relaunch of the mentalization process.
Conclusion. Our discussion stresses the possibilities but also the limits of arts therapies in prison. The extracted indicators can be useful for future research.
Keywords: arts psychotherapy, drug addiction, mentalization, prison, therapeutic process
Die Mentalisierung bei drogensüchtigen Gefängnisinsassen verbessern: theoretische Reflexionen auf der Grundlage praktischer Forschung
Zusammenfassung
Hintergrund. Drogenabhängige Gefängnisinsassen befinden sich in einer Ausnahmesituation: Sie wechseln ständig zwischen dem Bewusstsein der Realität und dem Erhalten ihrer illusorischen Vorstellungen. Kunsttherapie im Gefängnis besteht u.a. darin, die Fähigkeiten der Gefangenen zur besseren Wahrnehmung ihrer inneren Spannungen auf einer imaginären und symbolischen Ebene zu entwickeln sowie ihre metakognitiven Fähigkeiten zu verbessern. Findet kein derartiger restrukturierender Prozess statt, ist das Rückfallrisiko nach der Entlassung hoch.
Methoden. Dieser Artikel referiert Ergebnisse einer Querschnittstudie (basierend auf Daten eines halbstrukturierten biographischen Interviews und Rotters Sentences Blank) sowie einer prospektiven Längsschnittstudie, welche Bilder und Texte untersucht, die während der kunsttherapeutischen Sitzungen angefertigt wurden. Die Skalen zur Auswertung wurden in der phänomenologisch-strukturellen Tradition entwickelt. Mithilfe der Skalen ist es möglich, von der qualitativen Analyse zur Anwendung nichtparametrischer schlussfolgernder, korrelationaler und multidimensionaler Prozeduren überzugehen.
Ergebnisse. Basierend auf der Weiterentwicklung der bildnerischen und literarischen Qualität wurden die ersten möglichen Indikatoren für die Entwicklung eines Mentalisierungsprozesses identifiziert.
Schlussfolgerung. Die Untersuchung betont die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen der Kunsttherapie mit Strafgefangenen. Die genannten Indikatoren können sich als hilfreich für künftige Forschung auf diesem Gebiet erweisen.
Schlüsselwörter: Kunsttherapie, Drogenabhängigkeit, Mentalisierung, Gefängnis, therapeutischer Prozess
Prof. Dr. phil. habil. Lony Schiltz
Laboratoire de recherche
en Psychologie clinique (PCSA)
Hôpital Kirchberg
Fondation des Hôpitaux Robert Schuman
44, Rue d’Anvers
L-1130 Luxembourg
lony.schiltz@education.lu
Das Fremde in mir: Kunstpsychotherapeutische Behandlung jugendlicher Borderline-Patienten
Lony Schiltz
Zusammenfassung
Schulisches Versagen, das mit normalen pädagogischen Mitteln nicht zu beheben ist, kann Ausdruck einer tief sitzenden Borderline-Problematik sein, die sich sowohl in Verhaltensstörungen äußern kann als auch in Überkonformismus und der Bildung eines falschen Selbst und die immer mit der Hemmung der imaginären und symbolischen Verarbeitung verbunden ist. Unter anderem ist bei den betroffenen Jugendlichen der Prozess der Identitätsfindung aufgrund der Labilität der Emotionen, des Selbstbildes und des Fremdbildes gestört. Sie bedürfen einer längeren psychotherapeutischen Betreuung, wobei sich kunsttherapeutische Verfahren als besonders geeignet erwiesen haben.
Wir zeigen eine Synthese mehrerer Längsschnittstudien, welche mit gemischter qualitativer und quantitativer Methodik innerhalb eines sequentiellen Versuchsplans durchgeführt wurden. Sie belegt die Wirksamkeit der multimodalen Kunsttherapie bei Jugendlichen, welche unter einer Borderline-Problematik (im Sinne der strukturellen Psychopathologie) leiden. Die Methode der Behandlung und der Evaluation wird beschrieben. Anhand von klinischen Vignetten werden wichtige Momente des therapeutischen Prozesses erläutert. Die Resultate dieser Studien werden im Hinblick auf die neueren Erkenntnisse zur Borderline-Problematik im Jugendalter diskutiert. Die Wichtigkeit der tertiären Prävention wird unterstrichen.
Schlüsselwörter: Borderline-Problematik, gemischter Versuchsplan, Jugendalter, Kunstpsychotherapie, sequenzielle Längsschnittstudie
Strangeness in me: arts therapeutic treatment of young borderline patients
Abstract
School failure that cannot be overcome with current pedagogical measures may be related to an underlying borderline functioning, expressing itself through conduct disorders or else through over adaptation and a false self, combined with an inhibition of the capacity of imaginary and symbolic elaboration. Among other problems, the affected adolescents have difficulties with identity construction, as they suffer from a lability of their emotions, self-representation and representation of others.
We present a synthesis of several follow-up studies based on a mixed-methods design within a sequential approach. The results demonstrate the efficiency of multimodal arts therapies with borderline adolescents (in the sense of structural psychopathology). The methodologies of treatment and evaluation are presented. Clinical vignettes illustrate crucial moments of the therapeutic process. The research results are discussed at the light of recent findings related to borderline functioning in adolescence. The importance of tertiary prevention is underlined.
Keywords: adolescencearts psychotherapies, borderline functioning, mixed-methods design, sequential follow-up study
Prof. Dr. phil. habil. Lony Schiltz
Laboratoire de recherche
en Psychologie clinique (PCSA)
Hôpital Kirchberg
Fondation des Hôpitaux Robert Schuman
44, Rue d’Anvers
L-1130 Luxembourg
lony.schiltz@education.lu
Vom Teil zum Ganzen. Ein aktualgenetischer Prozess in der kunst- und suchttherapeutischen Arbeit
Anne Schulz-Delcuve
Zusammenfassung
Der Artikel beschreibt einen umfassenden kunsttherapeutischen und aktualgenetischen Prozess, der im Rahmen einer Projektarbeit in einem soziotherapeutischen Wohnheim für chronisch alkoholabhängige Menschen durchgeführt wurde. Ziel war es, die abhängigkeits-erkrankten Teilnehmer über eine kreative Auseinandersetzung Schritt für Schritt ins aktive Handeln und in innere Bewegung zu bringen und damit die Entwicklung der emotional regulierenden Fähigkeiten zu fördern. Im konkreten Beispiel wird aufgezeigt, wie diese Auseinandersetzung die Grundlage für die Gestaltung und den Bau von zwei Stelen als künstlerische Objekte bildet. Dabei werden die krankheitsbedingten Spezifika der chronisch abhängigen Betroffenen dargestellt, die soziotherapeutischen Rahmenbedingungen erläutert und die Möglichkeiten der Kunsttherapie als therapeutisches Verfahren innerhalb dieses Settings skizziert.
Schlüsselwörter: Alkoholabhängigkeit, Aktualgenese, Projektarbeit, Soziotherapie
From part to whole – an actualgenetic process in art- and addiction-therapeutic work
Abstract
The paper describes a comprehensive art-therapeutic and actualgenetic process as part of a project carried out in a sociotherapeutic residential home for chronically alcohol-addicted people. Its aim was to use creative thinking to stimulate participants to action and inner movement and to promote their emotion-regulating abilities. By way of concrete example the paper shows how creative thinking serves as the basis for conceptualizing and construing two works of art. It depicts the participants’ illness-caused characteristics, explainsthe sociotherapeutic background conditions, and the possibilities of art therapy as a therapeutic treatment in this context.
Keywords: alcoholism, actualgenesesis, project work, sociotherapy
Anne Schulz-Delcuve
Diplom-Heilpädagogin
Kunsttherapeutin im Caritasverband
für die Stadt Bonn e.V.
Fritz-Tillmann-Straße 8
D-53113 Bonn
anne.schulz@caritas-bonn.de
Musik-, Tanz- & Kunsttherapie
29. Jahrgang · 2019 · Heft 1
Pabst, 2019
ISSN 0933-6885
Preis: 46,- €