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Psychologie & Gesellschaftskritik

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2022-1/2 (181/182)

Inhaltsverzeichnis

 

Editorial 


Daniel Keil
Das rechte Projekt permanenter Wutmobilisierung. Anmerkungen zur politikwissenschaftlichen Debatte um Spaltungslinien, Populimus und die Krise der EU 


Christopher Fritzsche
Antifeminismus und Autoritärer Charakter 


Insa Kleimann
Die heil(ig)e Familie. Versuch einer Erklärung für das Erstarken der ›Lebensschutz‹-Bewegung in der Bundesrepublik Deutschland im Kontext der sich wandelnden Erwerbsgesellschaft im 21. Jahrhundert


Judith Goetz
»Die große Rächerin«. Die Wut der Identitären auf die österreichische Justizministerin


Florian Knasmüller & Markus Brunner
Schiefheilung als Kompromissbildung. Eine biographische Fallrekonstruktion der psychischen Funktionalität rechter Weltbilder 


Timo Beeker & Peter Brook
Der paranoide Charakter. Zum Zusammenhang von Wahn, Wut und Gewalt im postfaktischen Zeitalter 


Tatiana Kai-Browne
Nationaler Größenwahn. Ein gebrochenes Versprechen 


Autor:innen dieses Heftes


 

Editorial


 

Daniel Keil

Das rechte Projekt permanenter Wutmobilisierung. Anmerkungen zur politikwissenschaftlichen Debatte um Spaltungslinien, Populismus und die Krise der EU


Der Artikel verfolgt die These, dass die Erfolge rechter Parteien und Bewegungen nicht auf deren rationalen Antworten auf Krisenphänomenen beruhen, die durch Globalisierungsprozesse entstanden sind, sondern auf der Mobilisierung irrationaler und widersprüchlicher Affekte. Diese permanente Wutmobilisierung ist in ihrem gesellschaftlichen Zusammenhang zu sehen und insbesondere mit autoritären Tendenzen von Staatlichkeit und Europäischer Union verknüpft. Vor dem Hintergrund einer ideologiekritischen Analyse zentraler rechter Dokumente und Texte rekonstruiert der Artikel diese Zusammenhänge. Nach einer Kritik dominanter Ansätze in Politikwissenschaft und Soziologie werden ein Begriff der politischen Form entwickelt und autoritäre Tendenzen in der EU skizziert. Vor diesem Hintergrund wird eine Bestimmung der heterogenen europäischen Rechten vorgenommen, um schließlich deren Strategien der Wut- und Affektmobilisierung herauszuarbeiten und einzuordnen.

Schlagwörter: Neue Rechte, AfD, Wutbürger, Hegemonietheorie, Europa

 


 

Insa Kleimann

Die heil(ig)e Familie. Versuch einer Erklärung für das Erstarken der ›Lebensschutz‹-Bewegung in der Bundesrepublik Deutschland im Kontext der sich wandelnden Erwerbsgesellschaft im 21. Jahrhundert


In den letzten Jahren lässt sich in Deutschland eine verstärkte Zunahme antifeministischer und nationalistischer Positionen und Bewegungen mit gemeinsamen Angst- und Feindbildern beobachten. Eine dieser Bewegungen ist die Anti-Abtreibungs-Bewegung, die neben misogynen auch homophobe, rassistische und klassistische Positionen vertritt. In diesem Artikel wird auf subjekt- sowie gesellschaftstheoretischer Ebene der Zusammenhang zwischen dem Wandel der Erwerbsgesellschaft und den damit verbundenen Auswirkungen auf das Geschlechterverhältnis und der Zunahme ressentimentgeladener Abwehrmechanismen am Beispiel des Erstarkens der ›Lebensschutz‹-Bewegung analysiert.

Schlagwörter: Anti-Abtreibung-Bewegung, Misogynie und Männlichkeit, Psychoanalyse, Nationalismus


 


Judith Goetz

»Die große Rächerin« Die Wut der Identitären auf die österreichische Justizministerin


Im vorliegenden Beitrag soll den verbalen Angriffen auf die österreichische Justizmisterin Alma Zadić sowie den damit verbundenen Diskursen auf den Grund gegangen werden. Dabei wird der Blick auf die österreichischen Identitären gerichtet, weil sie maßgeblich an den Diffamierungskampagnen gegen Zadić beteiligt waren. Im Rahmen einer inhaltsanalytischen Betrachtung von drei Video-Blogs (›Vlogs‹) des ehemaligen Obmanns der Identitären, Martin Sellner, in denen er auf Zadić Bezug nimmt, sollen die zentralen Diskurselemente bestimmt werden, die dazu dienen, Zadić abzuwerten, zu delegitimieren und rassistische Denkmuster zum Ausdruck zu bringen. Dafür wird in einem ersten Schritt die Geschichte der Gruppierung mit Schwerpunkt auf ihren aktuellen Entwicklungen nachgezeichnet, um in weiterer Folge die Frage zu diskutieren, wie eine rechtsextreme Gruppe wie die Identitären es schafft, Wutbürger*innen, die keine organisierten Rechten sind, anzusprechen bzw. wie die Identitären mit Wut Politik machen. Zum besseren Verständnis identitärer Abwertungsnarrative widmet sich ein weiterer Abschnitt den modernisierten Artikulationsformen des Rassismus der Identitären. Die anknüpfende Analyse der ausgewählten Vlogs macht dabei deutlich, dass sich hinter den verbalen Angriffen Ängste vor Macht- und Bedeutungsverlust, gesellschaftlichem Wandel und bestehende Ordnungen ins Wanken bringenden Veränderungen verbergen. Wut und Abwertung fungieren dabei als Ventil und Strategien, um die damit verbundenen Ohnmachtsgefühle wieder unter Kontrolle zu bringen.

Schlagwörter: Identitäre (Bewegung), Rassismus, Rechtsextremismus, Wutbürger*innen


 


Florian Knasmüller & Markus Brunner

Schiefheilung als Kompromissbildung. Eine biographische Fallrekonstruktion der psychischen Funktionalität rechter Weltbilder


Die Attraktivität rechten Denkens markiert seit jeher eines der zentralen Betätigungsfelder psychoanalytisch orientierter Sozialforschung. Während die Wirkung rechter Propaganda auf die Adressierten gut erforscht ist, fehlen aktuellere biographische Rekonstruktionen der psychischen Funktionalität rechter Ideologien weitgehend. Der Beitrag reagiert auf diese Leerstelle, indem eine mittels Tiefenhermeneutik ausgewertete Fallstudie eines Parteimitglieds der Freiheitlichen Partei Österreich (FPÖ) mit türkischer Migrationsgeschichte präsentiert wird. Die Untersuchungen zeigen auf, dass sich rechte Mobilisierungserfolge unter anderem der kompromissbildenden Funktion rechter Schiefheilungsangebote verdanken. Attraktiv können diese, so zeigt die Fallrekonstruktion, nicht nur für die der ›Volksgemeinschaft‹ Zugeschlagenen, sondern auch für jene sein, die im rechten Denken als ›anders‹ markiert werden.

Schlagwörter: Rechtspopulismus, FPÖ, Schiefheilung, Tiefenhermeneutik, psychoanalytische Sozialpsychologie


 

Timo Beeker & Peter Brook

Der paranoide Charakter. Zum Zusammenhang von Wahn, Wut und Gewalt im postfaktischen Zeitalter


Auf der politischen Bühne haben in den letzten Jahren rechte und rechtspopulistische Bewegungen an Einfluss gewonnen, die durch einen offen irrationalen, verschwörungstheoretisch überlagerten Wirklichkeitsbezug auffallen. Unter Anhänger_innen derartiger postfaktischer Ideologien scheinen Wahn, Wut und Gewalt häufig nah beieinander zu liegen. Hier wird der Versuch unternommen, ein besseres Verständnis dieses irritierenden Phänomens durch einen sozialpsychologischen Zugriff zu gewinnen. Dafür wird, ausgehend von einem realen Fallbeispiel aus der forensischen Psychiatrie, das Konzept des autoritären Charakters weiterentwickelt zur Hypothese des paranoiden Charakters, welcher als neues Paradigma den aktuellen Entwicklungen angemessener sein könnte. Kennzeichnend für den paranoiden Charakter ist eine tiefgreifende Ich-Schwäche, verbunden mit schwerwiegenden Defiziten in der Unterscheidung von Realität und Fiktion. Dass er derzeit scheinbar gehäuft auftritt, könnte zudem hinweisen
auf veränderte Lebensbedingungen und Sozialisationsprozesse.

Schlagwörter: Paranoider Charakter, analytische Sozialpsychologie, Faschismusforschung, autoritärer Charakter, Verschwörungstheorien


 


Tatiana Kai-Browne

Nationaler Größenwahn. Ein gebrochenes Versprechen


Mit der Tiefenhermeneutischen Kulturanalyse des Videos VICTORY – ein Propagandavideo der rechten Gruppierung We Build the Wall – wird beispielhaft ihre propagandistische Wirkweise, sowie den manifesten und latenten Wünschen, an welche die U.S. amerikanische Grenzmauer zu Mexiko ansetzt, nachgegangen. Gerade die Kränkung und Wut über nicht eingelöste nationalistische Ideologien – Krieg als größenfantastisches Einheitsversprechen zur Erlangung von Selbstbestimmung, Größe und Macht, sowie Technologie als vollständige Kontrolle und Überblick über Natur/Gesellschaft, führt nicht zu ihrer Desillusionierung, sondern zum Versuch jene nationalistische Größenfantasie in legitimierter Form mit der Trump Wall wieder aufzurichten.

Schlagwörter: Milizen, Rechtsextremismus, Tiefenhermeneutik, US-Nationalismus, We Build the Wall


 

Autor:innen dieses Heftes

 


Psychologie & Gesellschaftskritik
46. Jahrgang • 2022 • Heft 1/2 (181/182)
Pabst, 2022
ISSN 0170-0537
Preis: 19,- €

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