Bei psychodiagnostisch ausgerichteten OSA-Angeboten steht die automatisierte Passungsanalyse unterschiedlicher Personenmerkmale im Vordergrund. Typische Ansätze sind: Interessenverfahren, kognitive Fähigkeitstests, Persönlichkeitsverfahren, situative Beurteilungstests, Erwartungsabgleiche.
Informationsorientierte OSAs lassen jedoch Personenmerkmale der Ratsuchenden außer Acht und können als multimedial angereicherte Internet-Portale charakterisiert werden, in denen über das Studium und häufig auch über berufliche Perspektiven informiert wird - eine Art online-Studienwahl-Assistent.
Das online-Angebot der Universität Kiel geht mit OPAL über den üblichen Rahmen weit hinaus. Es bietet Lehramtsstudierenden im Verlauf ihres Studiums
- Informationen über spezifische Anforderungen (feed up)
- Informationen zum status quo der ist-soll-Diskrepanz (feed back)
- das Aufzeigen von konkreten Schritten, die im aktuellen Entwicklungsprozess anstehen könnten (feed forward)
Sophus Renger, Leonard Nauermann und Michaela Köller beschreiben in ihrem Beitrag die Vorzüge einer solchen handlungsorientierten Erweiterung klassischer OSAs: "Der letzte Baustein des Tools setzt das feed-forward in der online-Potenzialanalyse um. Die NutzerInnen erhalten im Anschluss an die Rückmeldung auf Basis ihrer individuellen Ergebnisse sechs konkrete, passgenaue Empfehlungen aus dem Beratungs- und Förderangebot sowie allgemeine Informationen zu den Weiterbildungsangeboten der Universität.
Ein modifizierbarer Algorithmus ordnet über eine Wenn-Dann-Beziehung den Ausprägungen im Self-Assessment einen passenden Vorschlag für Kurs- und Beratungsangebote zu. Als Bedingung für die Empfehlung eines Kurses (z.B. Stimmtraining oder Entspannungstraining) ist eine kriteriale Norm (z.B. sehr geringe Selbstwirksamkeit hinsichtlich der eigenen Stimme) oder eine soziale Norm (z.B. eine Standardabweichung unterhalb des Durchschnitts der Normstichprobe hinsichtlich der subjektiven Stressresistenz) einstellbar. Der Algorithmus verknüpft somit die Datenbank, in der die Mittelwerte der Konstrukte aus dem Self-Assessment gespeichert sind, mit einer weiteren Datenbank," die die Weiterbildungs- und Beratungsangebote der Universität verzeichnet. "Bei Verwendung einer sozialen Vergleichsnorm identifiziert der Algorithmus aus den Studierenden-Antworten diejenigen Merkmale, bei denen sich auffällige Diskrepanzen zur Normalstichprobe zeigen. Die vorgeschlagenen Angebote werden dabei nach der Größe der Diskrepanz in eine gewichtete Reihenfolge gebracht. Den Studierenden werden die Auffälligkeiten zurückgemeldet, und auf dieser Grundlage werden sechs passende Förder- und Beratungsangebote empfohlen.
Wenn in den Antworten der Studierenden keine oder nur wenige Auffälligkeiten sichtbar sind, werden Enrichment-Angebote (z.B. der Workshop ´Lehren und Lernen mit digitalen Medien´) unterbreitet..."
Geht die Weiterentwicklung der Selfassessments in diese konkret anwendungsorientierte Richtung? Es ist vorerst nicht absehbar. Sicher ist jedoch nach Einschätzung der HerausgeberInnen der Schwerpunktausgabe ´Wirtschaftspsychologie´, dass für alle online-Selfassessments eine Phase der Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung ansteht. Entsprechende Informationen wird das OSA-Portal künftig aufnehmen.
Stefan Höft, Benedikt Hell, Tuulia Ortner, Florian Hartmann, Lydia Oeljeklaus (Hrsg.):
Online-Self-Assessments - Qualitätssicherung und Weiterentwicklungen.
IN: Wirtschaftspsychologie 2/2024
https://www.psychologie-aktuell.com/journale/wirtschaftspsychologie/bisher-erschienen/inhalt-lesen/2024-2-1.html