Frei sieht drei Trends, die der Verantwortungsübernahme zuwider laufen:
- Der Zeitgeist favorisiert immer mehr ein "heroisches Management" des Vorstands, dem alsdann von der Belegschaft lediglich strebsam und loyal zuzuarbeiten sei.
- Das Geflecht von Regelungen, Prozessdefinitionen, Compliancevorschriften, Standardisierungen und zentralistischen Vorgaben wird immer enger. Die Regelkonformität wird immer mehr als entscheidender Qualitätsstandard missverstanden.
- Personalverantwortliche im Resource Management haben während der letzten Jahrzehnte "die Führung immer mehr von jeder eigenen Verantwortung gesäubert; der betriebliche Alltag wurde mit einer gewaltigen Fülle von Tools und Ritualen durchdrungen, denen allen eins gemeinsam ist: Sie sind auf schlechte (um nicht zu sagen: unfähige) Führungskräfte gemünzt. Die wenig überraschende Folge: Alle schlechten Führungskräfte werden keinen Deut besser, alle guten aber in ihrer Authentizität und Individualität massiv gestört."
Frei empfiehlt dringend: "Wer sich beklagt, dass seine Leute zuwenig Verantwortung übernehmen, sollte prüfen, womit er selbst sie daran hindert." Als Arbeitspsychologe hat der Autor seine Erfolgsformel gut reflektiert: "Chance plus Überforderung. Die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen, muss sich entwickeln. Man wird nur mit einem Potenzial dazu geboren, nicht mit einer ausgereiften Fähigkeit.
Die Entwicklung von Verantwortung muss aktiv gefördert werden. Zunächst braucht es dazu Chancen, d.h. Entscheidungsspielraum, den man zu verantworten hat. Und dann eine gewisse (nicht grenzenlose!) Überforderung," die zu bewältigen ist, jedoch zum Verlassen der eigenen Komfortzone nötigt.
Felix Frei: Verantwortung - Eine Entscheidungsfrage. Pabst, 216 Seiten Hardcover, ISBN 978-95853-332-5