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Wirtschaftspsychologie: Vorurteile gefährden immer die Qualität von Bewerbergesprächen

Wer einen anderen Menschen einschätzen will, muss zunächst seine Voreinschätzungen kritisch beurteilen. Dies gilt für jedermann und jedefrau - insbesondere allerdings für Personaler oder Prüfer, die mit Bewerbern ein Eignungsinterview führen. "Grundvoraussetzung für ein ergiebiges Gespräch ist Ehrlichkeit sich selbst und dem anderen gegenüber," stellt Professor Dr. Karl Westhoff (TU Dresden) klar. In seinem Leitfaden "Das Entscheidungsorientierte Gespräch als Eignungsinterview" beschreibt er differenziert den Königsweg und häufige Irrwege von Personalverantwortlichen.

"Der Interviewer bereitet sich auf jedes Gespräch sorgfältig vor, so weit ihm das möglich ist. Beim Durcharbeiten der bereits vorliegenden Unterlagen entwickelt jeder Interviewer zwangsläufig ein Bild vom Interviewpartner. Dieses Bild kann negativ getönt sein. Das ist der einfachere Fall, weil die meisten es als unfair erleben, dem Interviewpartner negativ voreingestellt gegenüberzutreten.

Entscheidend ist, dass man sich darüber klar wird, dass die Einstellung gegenüber dem Gesprächspartner mit dem Interviewer selbst und seinen persönlichen Erfahrungen zu tun hat. Erkennt der Interviewer, wie er zu seiner Voreinstellung kommt, hat er auch die Chance, sich fair einstellen" und Informationen richtig einordnen zu können, schreibt Westhoff.

Sehr problematisch ist nach seiner Beobachtung "der Fall einer positiven Voreinstellung, weil diese meist nicht mit einem Störungsempfinden einhergeht. Eine Reflexion entfällt dann; und das Gespräch verläuft dann freundlich, aber ´unsachlich´. Besonders schwierig wird es, wenn der Interviewer im Verlauf des Gesprächs feststellt, dass der Interviewpartner keineswegs seinem positiven Bild von ihm entspricht. Dann ist er enttäuscht. Unreflektierte und unfaire Reaktionen können folgen. Bemerkt der Interviewer seine Selbsttäuschung nicht, kann dies die gesamte Informationsaufnahme und -verarbeitung verzerren.

Immer wieder meinen Interviewer, sie hätten nach der Lektüre der Unterlagen keine positive oder negative Voreinstellung. Das ist ein Irrtum - und ein kostenträchtiger obedrein. Selbst der erste Eindruck eines ansonsten unbekannten Prüflings ist eher positiv oder negativ. Erst wenn der Prüfer sich das eingesteht, kann er sich dem Kandidaten gegenüber fair einstellen ..."

Karl Westhoff und Mitarbeiter haben ihr Konzept der Gesprächsführung  zwar zunächst für Personalverantwortliche elaboriert; es ist jedoch auf alle Formen von Prüfungen, Interviews usw. modifiziert anwendbar. Aus der Sicht der Psychologen sind Fairness und Informationsgewinnung untrennbar aufeinander angewiesen.


Das Entscheidungsorientierte Gespräch (EOG) als Eignungsinterview
Westhoff, Karl (Hrsg.)




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