"Lust auf Verantwortung heißt: Im Wissen darum, dass man das Feuer nie ganz beherrschen kann, trotzdem damit umgehen. Wissen, dass Verantwortung die kompetente Haltung ist, mit der man seine Inkompetenz in Vielem kompensiert. Wer Verantwortung in sein Leben lässt, wird damit eine Flamme entzünden und am Brennen halten. Er/sie vermag sich und anderen damit Energie zu geben, kann Dinge schaffen und Verhältnisse verändern. Er/sie schafft es, sich und andere Menschen zu mehr und zu Neuem zu befähigen, Erfolge zu erringen und Niederlagen zu überwinden. Er/sie kann weiterkommen und sich an den Grenzen der Wirklichkeit reiben."
Wie bewerten wir Muster einer Verantwortungsübernahme? "Die Antwort ergibt sich aus dem Preis, den wir dafür zahlen, und dem Gewinn, den wir daraus ziehen. Wenn der Preis aus leicht erhöhtem Aufwand besteht und der Gewinn aus allseitig erfahrener Achtung und Kooperation: a la bonheur!" Wenn aber der Preis in einem massiven Mehraufwand liegt und sich daraufhin alle Mitwirkenden jeglicher Verantwortung entziehen, ist das Muster untauglich.
Der Verantwortliche ist alles andere als ein Solist. Ausführlich reflektiert Frei, wie "die Einbettung des Einzelnen in ein Kollektiv seine Wahrnehmung von Verantwortung erleichtern oder komplizieren und in drei Richtungen beeinflussen kann: Sie kann helfen, mit Unterstützung von Sparrings- und Diskurspartnern zu einer reflektierten Haltung zu gelangen. Sie kann auch die individuelle Wahrnehmung von Verantwortung ertränken in einer Gemengelage von Gruppendruck und konformistischen Erwartungen. Und drittens kann sie - gleichsam als unbeabsichtigte paradoxe Intervention - eine selbstbestimmte Haltung des Einzelnen provozieren bzw. durch den ausgeübten Druck sogar kräftigen ..."
Frei, Felix: Verantwortung ,
Eine Entscheidungsfrage
Pabst 2017, 216 Seiten, Hardcover
