In keinem anderen OECD-Land hängt der Bildungserfolg so stark vom sozialen Hintergrund ab wie in Deutschland. Junge Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund können in vielen Fällen ihre Potenziale für den beruflichen Erfolg nur schwer nutzen. Jugendliche Migrantinnen und Migranten erfahren sowohl beim Erwerb von Schulabschlüssen als auch bei der Berufsausbildung strukturelle Benachteiligungen.
Diese Situation bewegte die Psychologinnen zu ihrer Studie, in der Unternehmensvertreter als Entscheidungsträger zum Thema interviewt wurden. Dass Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund sogenannte „spezifische Potenziale“ haben, ist allgemein bewusst – u.a.:
- Mehrsprachigkeit,
- Anpassungsfähigkeit
- innere Stärke
Wenn erwünschte „allgemeine berufsbezogene Potenziale“ zur Diskussion stehen, wird deutlich, dass sich diese mit den genannten drei „spezifischen Potenzialen“ weitgehend überschneiden. Daraus folgt, dass gerade Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund viele Eigenschaften besitzen, die wertvoll für Ausbildung und Berufsleben sind. Dennoch werden sie häufig nicht in Betracht gezogen und tendenziell eher abgelehnt.
Die Autorinnen fordern dementsprechend von Arbeitgebern und Verantwortlichen, die Potenziale der Migrantinnen und Migranten sowie Geflüchteten stärker wahrzunehmen und wertzuschätzen. Dazu gehöre auch, sich selbst und seine interkulturellen Bewertungsgrundlagen selbstkritisch unter die Lupe zu nehmen. „Migrationssensible Potenzialdiagnostik und andere Ideen und Visionen für eine gerechtere Gesellschaft sind wirkungslos, solange sich nicht auch die Haltung der ‚Gatekeeper‘ ändert.“
Michaela Brohm-Badry, Corinna Peifer, Julian M. Greve & Benjamin Berend (Hrsg.): Wie Menschen wachsen. Positiv-Psychologische Entwicklung von Individuum, Organisation und Gesellschaft.
Pabst 2018, 210 Seiten
ISBN Paperback 978-3-95853-395-0
ISBN eBook 978-3-95853-396-7