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Wirtschaftspsychologie: "Arbeitszeugnisse haben die geringste Aussagekraft"

Ein vernichtendes Urteil über die Aussagekraft von Schul- und Arbeitszeugnissen fällt Dr. Werner M. Ruschke in seinem Beitrag zum aktuellen Reader "Mitarbeiter führen und Entscheidungen verantworten": Die Papiere "spielen für mich eine nur sehr untergeordnete Rolle".

Diese Haltung überrascht umso mehr, als Ruschke in seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender des Evangelischen Perthes-Werkes in Münster/Westf. über eine mehr als vierzigjährige Erfahrung im Personalmanagement verfügt und seit fast drei Jahrzehnten für die Vergabe von Führungspositionen verantwortlich ist.

"Bei Bewerbungen wird von mir die gegenwärtige Person beurteilt, kaum aber die schulischen Leistungen oder Nicht-Leistungen", erläutert Ruschke seine Geringschätzung von Schulzeugnissen und fügt an, je älter sie seien desto geringer sei ihre Aussagekraft.

Besonders aber bei Arbeitszeugnissen ist für Ruschke die Aussagekraft null und nichtig. "Ich selbst habe aus juristischer Notwendigkeit viele wohlwollende Arbeitszeugnisse unterschreiben müssen, die den erbrachten Leistungen auch bei wohlwollender Betrachtung kaum entsprachen".

Doch wonach soll ein Personalentscheider sich bei der Bewertung ihm völlig unbekannter Stellenaspiranten richten? Ruschke plädiert schlichtweg für Bauchentscheidungen, will dies jedoch nicht als "Ausfluss ungefilterter Gefühle oder ungebremster Subjektivität" verstanden wissen, sondern als "Ausdruck eines internalisierten kriteriengebundenen Prüfverfahrens". So trägt sein Artikel "Der Bauch als Ort von Personalentscheidungenen" denn auch den Untertitel: "Ein Plädoyer für reflektierte Subjektivität". Nach jedem Telefonat, Gespräch oder Bewerbungsschreiben stellt er sich Fragen wie "Ist das Telefonat gut vorbereitet?", "Wird mehr zugehört oder geredet?", "Will jemand etwas wissen oder sich selber anpreisen?" Die Beantwortung dieser Fragen, so der routinierte Personalentscheider, brächten ihn auf den richtigen Weg; tatsächlich bewahrheite sich für ihn weitgehend die Volksweisheit, dass der erste Eindruck (mit-)entscheidend sei.

Diese Vorgehensweise sei zwar unwissenschaftlich, räumt Ruschke in der Festschrift zur Emeritierung von Prof. Dr. Martin Sauer ein, aber gleichwohl praxiserprobt.  mw

Mitarbeiter führen und Entscheidungen verantworten – Festschrift zur Emeritierung von Prof. Dr. Martin Sauer
Hagemann, Tim (Hrsg.)




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