"Dies führt zu einer paradoxen Situation: Je häufiger, je intensiver auf ethische Richtlinien verwiesen wird, desto stärker wird ihre Gültigkeit untergraben; denn weder der Effizienzdruck, noch die Konkurrenz lassen nach. Es kommt zu einem Lernprozess, bei dem zunehmend zwischen einem offiziellen und einem inoffiziellen Teil der Firmenpolitik unterschieden wird. Der wahrscheinlich größte unintendierte Lerneffekt ist dabei der sich entwickelnde Sinn für doppelte Standards.
Die Werte werden zu einer Art Handwerkszeug, mit dem man zu argumentieren lernt und das sich einsetzen lässt, um Seriosität zu vermitteln und Glaubwürdigkeit zu erzeugen. Insbesondere in einem moralisch hochaufgeladenen Klima, in dem man sich regelrecht darin üben muss, die eigene Argumentation wertebezogen auszurichten, fördert das eine besondere Form von Verkaufstalent. Gleichzeitig wächst die Gleichgültigkeit den Werten gegenüber, da die Werte in den Dienst der vorgegebenen Ziele gestellt und damit selbst zum verhandelbaren Gut werden.
Sehr viel effizienter kann man den Wert, die Gültigkeit von Moral, nicht demontieren."
Korruption – Forschungsstand, Prävention, Probleme
Kliche, Thomas; Thiel, Stephanie (Hrsg.)