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Wie Gene, Hirneigenschaften und Intelligenz zusammenhängen

Intelligenz ist zum Teil genetisch bedingt. Es gibt Studien, die belegen, dass gewisse Genvariationen mit besseren Leistungen in Intelligenztests verknüpft sind. Andere Studien zeigen, dass unterschiedliche Hirneigenschaften, zum Beispiel eine effiziente Vernetzung, mit Intelligenz zusammenhängen. Erstmals haben Forschende nun alle drei Parameter – Gene, unterschiedliche Hirneigenschaften und Verhalten – gleichzeitig untersucht. Mit Genanalysen, kernspintomografischen Aufnahmen und Intelligenztests wies das Team nach, welche Hirneigenschaften das Bindeglied zwischen Genen und Verhalten bilden.

Die Ergebnisse beschreibt ein Team um Dorothea Metzen von der Arbeitseinheit Biopsychologie der Ruhr-Universität Bochum und Dr. Erhan Genç, früher an der Ruhr-Universität, heute am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung in Dortmund (IfADo), in der Zeitschrift „Human Brain Mapping“, online veröffentlicht am 4. April 2023.

Neben dem IfADo und verschiedenen Einrichtungen der Ruhr-Universität waren die Humboldt-Universität Berlin, das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim, die Medical School Hamburg und die Universität Luxemburg beteiligt. An der Ruhr-Universität kooperierten die Teams der Biopsychologie, der Humangenetik und der Genetischen Psychologie.

Gene, Gehirn, Verhalten – ein einzigartiger Datensatz

Das Team schloss 557 Probandinnen und Probanden im Alter zwischen 18 und 75 Jahren in die Studie ein. Mithilfe von Speichelproben analysierten sie, welche Personen wie viele Genvariationen besaßen, die mit hoher Intelligenz in Zusammenhang stehen. „Es gibt Tausende von Genen, die zur Intelligenz beitragen“, erklärt Dorothea Metzen. „Wir haben für jede Person einen summarischen Wert berechnet, der die genetische Veranlagung für eine hohe Intelligenz widerspiegelt.“

Außerdem nahmen alle Probandinnen und Probanden an Hirnscans teil, mit denen die Forschenden zum einen die Dicke und Oberfläche der Großhirnrinde ermittelten und zum anderen, wie effizient das Gehirn strukturell und funktionell vernetzt ist. Zusätzlich absolvierten alle Teilnehmenden einen Intelligenztest. „Die Breite und die detaillierte Erfassung verschiedener Daten in dieser Studie ist meines Erachtens einmalig“, hebt Erhan Genç hervor. „Zum ersten Mal haben wir uns die Triade aus Genen, unterschiedlicher Hirneigenschaften und Verhaltensmerkmalen gemeinsam angeschaut.“

Konkret analysierte die Gruppe, welche Unterschiede in den Genvariationen mit Unterschieden in den Hirneigenschaften sowie Unterschieden im Verhalten zusammenhängen.

Zusammenspiel von Genen, Hirneigenschaften und Intelligenz in wenigen Hirnregionen

Schaute das Team nur auf den Zusammenhang zwischen genetischen Variationen und Hirneigenschaften – also ohne Ergebnisse des Intelligenztests zu berücksichtigen –, fanden sich zahlreiche Zusammenhänge in vielen Regionen, die über das gesamte Gehirn verteilt waren. Wesentlich weniger Zusammenhänge waren sichtbar, wenn die Forschenden schauten, wo die Hirneigenschaften mit den Leistungen im Intelligenztest assoziiert waren. Berücksichtigten sie alle drei Parameter auf einmal – Gene, Hirneigenschaften und Intelligenztest-Leistungen – fand sich nur in spezifischen Hirnarealen im frontalen, parietalen und visuellen Kortex ein Zusammenhang. Es gibt also nur spezifische Bereiche im Gehirn, in denen die Genvariationen die Hirneigenschaften beeinflussen, und diese Eigenschaften sich gleichzeitig auf die Intelligenz auswirken. Die entscheidenden Hirneigenschaften waren dabei die Größe der Hirnoberfläche und die Effizienz der strukturellen Konnektivität. Solche Zusammenhänge zwischen Genen, Gehirn und Verhalten fanden sich kaum, wenn die Forschenden die Dicke der Hirnrinde und die Effizienz der funktionellen Konnektivität untersuchten.

Methode auch auf andere Bereiche übertragbar

Mit ihrer Studie hoffen die Forschenden, eine Methode vorgeschlagen zu haben, die auch auf andere Bereiche übertragbar ist. Denn sie erlaubt, das Zusammenspiel von Genen, Gehirn und Verhalten nicht nur für Intelligenz, sondern auch für andere Eigenschaften zu untersuchen. „Interessant wäre es auch, wenn solche Verfahren künftig bei größeren Kohorten von Tausenden oder Zehntausenden Probandinnen und Probanden eingesetzt würden“, sagt Erhan Genç, weil das die Qualität der Ergebnisse verbessern würde. „Auch den Einfluss des Alters zu untersuchen wäre ein interessantes künftiges Forschungsprojekt“, so Genç.

Förderung

Die Arbeiten wurden gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Grantnummer 227/16-1 und Sonderforschungsbereich SFB 1280/Projektnummer: 316803389), dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (Förderkennzeichen 01EW1810, Grant: ERA-NET NEURON).


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dorothea Metzen
Arbeitseinheit Biopsychologie
Fakultät für Psychologie
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 21775
E-Mail: dorothea.metzen@rub.de

Dr. Erhan Genç
Nachwuchsgruppe Neuroimaging und interindividuelle Unterschiede
Abteilung Psychologie und Neurowissenschaften
Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der Technischen Universität Dortmund (IfADo)
Tel.: +49 231 1084 520
E-Mail: genc@ifado.de

 


Originalpublikation:

Erhan Genç, Dorothea Metzen, Christoph Fraenz, Caroline Schlüter, Manuel C. Voelkle, Larissa Arning, Fabian Streit, Huu Phuc Nguyen, Onur Güntürkün, Sebastian Ocklenburg, Robert Kumsta: Structural architecture and brain network efficiency links polygenic scores to intelligence, in: Human Brain Mapping, 2023, DOI: 10.1002/hbm.26286,

https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/hbm.26286

 

Literatur zum Thema

Stern, Elsbeth; Guthke, Jürgen (Hrsg.): Perspektiven der Intelligenzforschung

Pabst, 2001, 272 Seiten,

 

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