Der Journal Impact Factor (JIF) wird als das zentrale Maß zur Bewertung der Qualität und Sichtbarkeit einer wissenschaftlichen Arbeit herangezogen. Aktuelle Debatten und Ana-lysen zeigen, dass der JIF damit weitreichende Konsequenzen für die persönliche wissenschaftliche Karriere hat (z.B. Besetzung von Professuren, Vergabe von Drittmitteln, Länge des Arbeitsvertrages). Die Anreizstrukturen im akademischen Arbeitsumfeld und damit im Leben eines jeden Forschers und einer jeden Forscherin ähneln somit ökonomischen Prinzipien, wobei der JIF die Rolle einer Art "Währung" im Universitätsbetrieb einge-nommen hat.
19 Neurowissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern wurden in einem MRT-Gerät die vorbereiteten Titelseiten von hochrangigen Wissenschaftszeitschriften mit ihrem Namen gezeigt und dabei die Gehirnaktivitäten gemessen. "In kaum einem anderen Berufsfeld ist das vornehmliche Kriterium für die Bewertung der Qualität der Arbeitsleistung, sowohl in Bezug auf eine einzelne Arbeit als auch das Wirken der Person als Ganzes, derart öffent-lich zugänglich und standardisiert wie in der Wissenschaft. Dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sensibel auf den Impact Factor einer Zeitschrift reagieren, hat uns wenig überrascht", sagten Dr. Sören Krach und Dr. Frieder Paulus zu den Ergebnissen ihrer Versuchsreihe.
In der Lübecker Studie wurde untersucht, inwieweit der JIF den subjektiven Wert einer Publikation beeinflusst und auf Ebene des Belohnungssystems der Forschenden veran-kert ist. Mit steigendem JIF einer antizipierten Publikation stieg die Aktivität im Nucleus Accumbens, einer zentralen Region im Belohnungszentrum des Gehirns. Es zeigte sich zudem, dass Forschende, die in der Vergangenheit mit höheren JIF publizierten, ein stärkeres Ansprechen des Belohnungssystems aufwiesen. Neben dem JIF einer Publikation modulierte auch die Reihenfolge der Autorenschaft die Aktivität im Nucleus Accumbens.
Die Forscher verwendeten Titelseiten von möglichen Publikationen in Fachzeitschriften mit ansteigenden Impact Faktoren. Die Publikationen wurden Neurowissenschaftlern im fMRT als Belohnung für eine besonders schnelle Reaktion präsentiert. Erwartete Publikationen in High-Impact Zeitschriften wie Science oder Nature Neuro-science erzeugten stärkere Belohnungsaktivierungen im Nucleus Accumbens (NAcc) als ver-gleichbare Titelseiten in Low-Impact Zeitschriften.
Diese Studie liefert einen ersten empirischen Beleg dafür, wie Forscherinnen und Forscher sich an die Anreizstrukturen des universitären Systems anpassen und den JIF als zentrales Bewertungskriterium ihrer Arbeit verinnerlichen. Die aktuellen Befunde haben damit weitreichende Implikationen für die wissenschaftliche Arbeit auf Seiten der Forscher und der beteiligten Institutionen.
Originalveröffentlichung:
Paulus, Rademacher, Schäfer, Müller-Pinzler, Krach: Journal Impact Factor Shapes Scien-tists Reward Signal in the Prospect of Publication, PLOS ONE, 10. November 2015. http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0142537