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Warum der Hund ein Meister im Trösten ist

Liebevolle, verlässliche Eltern sind die wichtigste Voraussetzung für die Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes. Ist die Bindung an die Bezugspersonen gestört, vielleicht weil die Mutter drogensüchtig oder der Vater gewalttätig ist, tut sich das Kind später schwer, vertrauensvolle Beziehungen aufzubauen. Offenbar schafft es aber ein Hund, den Kreislauf des Scheiterns zu durchbrechen, denn mit ihm befreundet sich selbst ein bindungsgestörtes Kind, sagt die neue Studie eines europäischen Forscherteams.

Die Wissenschafter testeten 31 Kinder im Alter von 7 bis 12 Jahren aus Pflegeheimen in Deutschland und Österreich. Je nach Art der Störung zeigten die Kinder unsicheres Bindungsverhalten gegenüber Menschen oder reagierten bei Sozialkontakten völlig unvorhersehbar, wenn sie an sogenanntem desorganisiertem Bindungsverhalten litten. «Im Test wurde den Kindern ein Hund zur Seite gestellt, ein freundlicher Erwachsener oder ein Hunde-Stofftier», sagt Kurt Kotrschal von der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle für Ethologie der Uni Wien und Mitautor der Studie. Anhand des Hormonspiegels im Speichel untersuchten die Forscher, wie stressempfindlich die Kinder waren. Der Test setzte sie einer leicht unangenehmen Situation aus: In Anwesenheit von zwei Fremden sollten die Kinder eine Geschichte erzählen. Der Gehalt des Hormons Cortisol zeigte an, wie stark die Kinder beunruhigt waren. Jene, welche die Situation mit einem Hund bewältigten, waren weniger gestresst als solche, die einen Erwachsenen oder einen Stoffhund bei sich hatten. «Am meisten profitierten Kinder, die viel mit dem Hund redeten und ihn streichelten», so Kotrschal.

Menschen, die früh lernen, dass man Eltern nicht trauen kann, übertragen diese Erfahrungen auf alle zwischenmenschlichen Beziehungen. «Das ist nicht nur im Einzelfall traurig, sondern gesellschaftlich bedeutsam.» Desorganisierte Bindungen seien ein wichtiger Risikofaktor für kriminelles Verhalten. Umgekehrt schütze eine stabile Beziehung am sichersten vor dem Scheitern.

«Bei Schülern mit gestörtem Bindungsverhalten hat kein noch so engagierter Lehrer eine Chance», meint der Forscher. Anders, wenn der Hund ins Spiel kommt: «Kinder übertragen die schlechten Erfahrungen nicht auf ein Tier.» Der Hund wirke als Türöffner für menschliche Bezugspersonen. So verkürzt sich bei Anwesenheit eines Hundes die Zeit, die ein Therapeut braucht, um das Vertrauen eines verunsicherten Kindes zu gewinnen. Statt eines Jahres entsteht der Kontakt bereits nach zwei, drei Monaten.

Wie aber wirkt der Wunderhund? Der Mechanismus basiere auf der Evolution des Tieres, meint Kerstin Moberg von der Landwirtschafts-Universität im schwedischen Skara. «Der Mensch hat den Hund auf Zutraulichkeit gezüchtet», sagt sie. Zutrauen und Bindungen steuert bei Mensch und Tier dasselbe Hormon Oxytocin. Es wird jedoch nur ausgeschüttet, wenn die Beteiligten angstfrei sind. Sobald sich ein Tier vom Menschen berühren lässt, kann das Bindungshormon bei beiden fliessen. Und da der Hund schnell zutraulich wird, entstehe eine stabile Bindung früher als etwa an ein Kaninchen. «Darum sind Hunde am leichtesten zu lieben.»




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