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Warnschuss-Arrest für jugendliche Straftäter: Einübung einer kriminellen Karriere

Der Koalitionsausschuss der Regierungsparteien hat sich auf den "Warnschuss-Arrest" geeinigt: Jugendliche Gewalttäter sollen auch bei einer Bewährungsstrafe maximal vier Wochen inhaftiert werden können. Dieser Warnschuss kann zügig nach hinten losgehen, warnen Professor Dr. Jörg M. Fegert und Kollegen. Der Kurz-Arrest eignet sich zur Motivation und Ausbildung für eine langfristige kriminelle Karriere; das Knast-Milieu bietet dazu die optimalen Voraussetzungen.

Demgegenüber bieten Psychotherapie und Sozialpädagogik ein reichhaltiges - oft ungenutztes -Instrumentarium, um jugendliche Straftäter zu einem sozialverträglichen Leben zu motivieren und anzuleiten. Empirisch-wissenschaftliche Belege und Beispiele lieferte der 3. Kongress der EFCAP (European Forensic Child and Adolescend Psychiatry) in Berlin (Chairman: Jörg M. Fegert, Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Ulm).

Die Wissenschaftler plädieren nicht für eine Art "Kuschel-Therapie", sondern eine offene Aufarbeitung des Delikts und seiner Umstände. "Ein harter, aber nachweislich erfolgreicher Weg ist, die Jugendlichen über einen langen Zeitraum in ihrem eigenen Umfeld z.B. mit der multisystemischen Familientherapie zu behandeln. Hier müssen sie und ihre Angehörigen sich der Realität stellen, die häufig von Gewalt geprägt ist," formulierte Fegert die Perspektive.

Britische und niederländische Psychiater berichteten in Berlin über Tendenzen in Ihren Ländern: Haftplätze für jugendliche Straftäter wurden nach und nach abgebaut; parallel wurden die therapeutischen Kapazitäten qualitativ wie quantitativ fortentwickelt. Die Ergebnisse überzeugen: Die Rückfälle werden immer seltener. Daher zeigten sich die Fachleute in Berlin verwundert, wie der schwarz-gelbe Koalitionsausschuss die empirischen Befunde souverän ignoriert.

Die eher paradoxe Wirksamkeit von Strafen hat der Kölner Psychiater Prof. Dr. Wolfgang de Boor bereits vor zehn Jahren in seinem Taschenbuch "Kinderkriminalität" beschrieben und anhand eines besonders grotesken Beispiels veranschaulicht: Auf einem mittelalterlichen Marktplatz wurden Delinquenten erhängt; während die Aufmerksamkeit des Publikums auf die Exekution gerichtet war, besserten Kinder und Jugendliche erfolgreich als Taschendiebe ihren Wohlstand auf.




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