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Übersehene Helden: Angehörige von Krebspatienten und ihre Herausforderungen

Die Diagnose „Krebs“ ändert für den Patienten von einem Moment auf den anderen sein ganzes Leben. Doch auch seine Angehörigen stehen plötzlich vor enormen emotionalen, physischen und logistischen Herausforderungen. Diese „Helden im Hintergrund“ genauso mit aufzufangen und zu begleiten wie den Patienten, ist dem Universitätsklinikum Regensburg (UKR) ein großes Anliegen. Anlässlich des Weltkrebstages am 4. Februar möchte das UKR auf die Situation der Angehörigen von Krebspatienten besonders aufmerksam machen.

Im Jahr 2006 erschütterte die Diagnose Multiples Myelom das Leben von Tanja L.s Familie. Ihr Mann wurde mit einer unheilbaren Krebsform konfrontiert, und seitdem balanciert seine Ehefrau Tanja auf einem Drahtseil zwischen Angst und Hoffnung, zwischen „Ich muss stark bleiben“ und „Ich kann nicht mehr.“ Tanja L. wurde nie gefragt, ob sie bereit wäre, ihr Leben nachhaltig zu verändern, die Familienmanagerin zu werden und ihre Zeit vorwiegend der Krankheit ihres Mannes zu widmen. Als tragende Säule des Familienlebens steht sie plötzlich im Fokus und muss rund um die Uhr funktionieren, während die eigenen Bedürfnisse häufig in den Hintergrund treten.

Allein die Krankheit gibt vor, was morgen sein wird

Zahlreiche Behandlungen und die tägliche Unsicherheit, wie es ihrem Mann am nächsten Tag gehen wird, machen Planungen nahezu unmöglich. „Es kostet unendlich Kraft, sich jeden Tag auf eine neue Situation einlassen zu müssen. So ist es zum Beispiel nahezu unmöglich, einen Urlaub zu planen, da oft die Krankheit vorgibt, was morgen sein wird", erklärt Tanja L. Zeit für sich selbst bleibt ihr kaum. Der Verzicht betrifft selbst die kleinen Freuden: Hobbies, Veranstaltungen, Ausgehen, Wochenendtrips – Dinge, die für die meisten von uns selbstverständlich sind, werden plötzlich zu einem kostbaren Gut.

Hinzu kommen in den betroffenen Familien oft auch finanzielle Sorgen und neue Herausforderungen in der Organisation des Alltags. Und dann ist da noch die psychische Belastung. „Ja, ich habe Angst um meinen Mann, unsere Kinder bangen um ihren Vater – das wird man nie los“, beschreibt Tanja L. ihre seelische Situation.

Stärkung der Lebensqualität: UKR setzt auf vielfältige Unterstützung der Angehörigen

Das Universitätsklinikum Regensburg (UKR) mit einem Versorgungs- und Forschungsschwerpunkt in der Onkologie reagierte frühzeitig auf diese Herausforderungen und bietet unter anderem durch seine psychoonkologischen Angebote umfassende Unterstützung. „Die Psychoonkologie am UKR steht für eine ganzheitliche Betreuung, die sich nicht nur auf die Patienten, sondern auch auf deren Angehörige erstreckt. Unser Einsatz geht über die rein medizinische Behandlung hinaus, um die oft übersehenen Helden im Hintergrund zu stärken und auch deren Lebensqualität zu verbessern", betont Professor Dr. Wolfgang Herr, Direktor der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III des UKR.

In speziellen Angehörigen-Sprechstunden unterstützt das psychoonkologische Team aktiv bei der Verbesserung der Lebensqualität. Es bietet Hilfe bei der Bewältigung der emotionalen Herausforderungen, informiert über Therapie- und Krankheitsverlauf, unterstützt bei familiären Veränderungen, vermittelt stärkende Kommunikationsstrategien und weiterführende Angebote wie zum Beispiel den Austausch in Selbsthilfegruppen. Die Psychologische Leiterin der Psychoonkologie des UKR, Ingrid Schön, weiß aus ihrer langjährigen Erfahrung um die Situationen in den Familien: „Alle leiden, alle müssen sich anpassen und dem veränderten Alltag unterordnen. Unsere Arbeit zielt darauf ab, alle mit ihren Bedürfnissen aufzufangen, zu stützen und zu begleiten – den Patienten genauso wie den Ehepartner, die Kinder, die Eltern.“ Die Angebote werden dabei immer flexibel gestaltet und können je nach Bedarf in Anspruch genommen werden. In einer speziellen Kinder- und Familiensprechstunde gehen die Psychoonkologen gezielt auf die Situation von Kindern erkrankter Eltern ein, Eltern erhalten Anregungen zum kindgerechten Umgang mit der Krebserkrankung, und Kinder haben die Möglichkeit zu persönlichen altersgerechten Einzelgesprächen, um die neue Situation in der Familie emotional besser verarbeiten zu können. Ist ein Kind von einer Krebserkrankung betroffen, bietet eine Geschwistersprechstunde den Geschwistern erkrankter Kinder intensive Zuwendung und individuelle Unterstützung.

„Wir haben immer die Bedürfnisse des Einzelnen im Fokus und stehen auch für eine langjährige, kontinuierliche Begleitung der Patienten und Angehörigen zur Verfügung“, betont Dr. Martin Vogelhuber, Medizinischer Leiter der Psychoonkologie am UKR, „denn ein Patient kämpft umso besser gegen eine Krebserkrankung an, wenn er in Familie und Freunden eine starke Stütze hat.“

Orte der Geborgenheit auf dem Gelände des Universitätsklinikums

Ergänzt werden die Angebote des Universitätsklinikums von begleitenden Maßnahmen verschiedener Fördervereine. So betreibt die Leukämiehilfe Ostbayern e.V. auf dem Gelände des UKR ein bundesweit einzigartiges Patienten- und Angehörigenhaus mit kostengünstigen Übernachtungsmöglichkeiten für Patienten und Angehörige. Hier können sich Familie und Freunde zurückziehen und sind dennoch zu Fuß in wenigen Minuten auf den onkologischen Stationen. Zugleich bietet dieser Rückzugsort Gelegenheiten, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen und Entspannungsangebote wie Yoga und Gesprächstherapien anzunehmen.
In unmittelbarer Nachbarschaft zum Patientenhaus schafft das VKKK-Elternhaus, errichtet und betrieben vom Verein zur Förderung krebskranker und körperbehinderter Kinder Ostbayern e.V., eine Übernachtungsmöglichkeit für Eltern erkrankter Kinder. Diese Nähe zur KUNO-Klinik am UKR ermöglicht den Eltern rund um die Uhr physische und emotionale Nähe, was im Heilungsprozess der Kinder von unschätzbarem Wert ist.

Mehr Qualität in der onkologischen Versorgung mithilfe der Psychoonkologie

Studien belegen, dass die psychoonkologische Unterstützung die Lebensqualität von Betroffenen verbessern kann. Diese Erkenntnis führte in den letzten Jahren zu einer stärkeren Gewichtung der psychosozialen Therapie in Begleitung zur medizinischen. Heute ist die Psychoonkologie eine wissenschaftliche Fachdisziplin, die sich mit hohen Qualitätsstandards den seelischen Auswirkungen von Krebs auf alle Betroffene – auch auf die Angehörigen – widmet. Ausbildungsprogramme, Fachgesellschaften und Forschungszentren garantieren professionelle standardisierte Unterstützungs- und Behandlungsangebote.

Die Psychoonkologie am Universitätsklinikum Regensburg wurde 2001 dank der großzügigen Unterstützung der Leukämiehilfe Ostbayern und der José-Carreras-Leukämie-Stiftung eingeführt. Inzwischen ist sie fester Bestandteil der Spitzenmedizin am UKR und genießt deutschlandweit höchste Anerkennung. Ingrid Schön betont: „Unsere Psychologen sind hochqualifiziert, nahezu alle sind ausgebildete Psychotherapeuten mit Approbation."

Tanja L. und ihr Ehemann empfanden ihre Betreuung im Universitätsklinikum Regensburg als sehr professionell: „Man wird stets ernst genommen, es wird immer versucht zu helfen, es wird erklärt. Kontinuierliche Unterstützung ist in jeder Phase der Erkrankung und der Therapie gewährleistet. Zu keiner Zeit fühlten wir uns alleingelassen."

 

Literatur zumThema

Schopperth, T.; Franzkoch, Ch.; Boin, A.; Werner, A.; Prinz-Zaiss, M.; Vollmer, T.C. (Hrsg.): Psychoonkologie
Berührtsein zwischen Nähe und Distanz

Pabst, 175 Seiten

Print: 15,00 € | 978-3-95853-614-2
PDF:  10,00  € | 978-3-95853-615-9

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