Dass sich bei Frauen kein Zusammenhang zwischen Persönlichkeit und der Menge an grauer Substanz zeigte, führt Eickhoff auf den Einfluss von Geschlechtshormonen zurück. Während der Studie wurden Frauen in verschiedenen Phasen des Zyklus untersucht, sodass die Hormonkonzentrationen bei den Untersuchungen stark variierten. Bei Männern dagegen schwankt der Testosteronspiegel über eine längere Zeitspanne deutlich weniger. "Man weiß seit längerem, dass Geschlechtshormone sowohl mit der Persönlichkeit als auch der Neurobiologie verbunden sind", erläutert Eickhoff. Vermutlich habe sich bei den Probandinnen wegen der unterschiedlichen Hormonkonzentrationen kein Effekt gezeigt. "Wir vermuten außerdem, dass bei Frauen die Persönlichkeit stärker von der Interaktion zwischen Hirnregionen bestimmt wird und weniger durch das Volumen der grauen Substanz in bestimmten Hirnarealen."
Die graue Hirnsubstanz findet sich im Sulcus Parietooccipitalis, einer Großhirnfurche zwischen Hinterhaupts- und Scheitellappen. Sie besteht überwiegend aus den Zellkörpern von Nervenzellen des zentralen Nervensystems. Die Ausläufer dieser Nervenzellen befinden sich in der sogenannten weißen Substanz. Eickhoff entdeckte einen Zusammenhang zwischen der Menge an grauer Substanz in der betreffenden Hirnregion und Charaktereigenschaften wie Extrovertiertheit, Pflichtgefühl und emotionaler Stabilität - aber eben nur bei Männern. Da die Region um den Sulcus Parietooccipitalis im Zusammenhang gesehen wird mit Seh- und Wahrnehmungsfunktionen sowie dem Gedächtnis und der Impulskontrolle, könnten Männer mit höherem Volumen an grauer Substanz auch in diesen Bereichen bessere Leistungen zeigen. "Dies müsste aber noch einmal gezielt untersucht werden", schränkt der Experte ein.
Quelle:
Correlations Between Personality and Brain Structure: A Crucial Role of Gender
Alessandra D. Nostro, Veronika I. Müller, Andrew T. Reid and Simon B. Eickhoff
Cereb. Cortex (2016); doi: 10.1093/cercor/bhw191