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Süchtige Straftäter – Was verspricht einen guten Bewährungsverlauf?

Die Mehrheit der Strafgefangenen ist Drogen- bzw. Alkohol- gefährdet. In Justizvollzugs-Anstalten werden Häftlinge häufig zum Substanzmissbrauch verleitet. Neben der „normalen“ Strafhaft hat sich eine sozialtherapeutische Maßnahme etabliert, die einen größeren Bewährungserfolg von süchtigen Strafgefangenen erreichen soll: die „Unterbringung in einer Entziehungsanstalt“. Wie erfolgreich diese Maßregel (§64) eingesetzt wird und ob die Bewährungsergebnisse tatsächlich besser sind als bei „normalem“ Strafvollzug, war lange Zeit umstritten. Dr. Norbert Schalast und Kollegen haben die Ergebnisse in der umfassenden „Essener Evaluationsstudie“ untersucht und stellen sie im neuen Band „Straffällige mit Suchtproblemen“ vor.

Drogen- und Alkoholkonsum fördern impulsives und in der Folge auch kriminelles Ausagieren, die Abhängigkeit von Rauschmitteln erschwert den Alltag und behindert soziale Beziehungen. Der größte Teil der Gefangenen in Haftanstalten hatte daher vor der Haftstrafe bereits Kontakt zu Drogen oder Alkohol bzw. leidet unter einer Abhängigkeit. Auch im Gefängnis selbst werden Mittel und Wege gefunden, den Rauschmittelkonsum weiter aufrechtzuerhalten.

Wenn die Suchtprobleme als zentrale Ursache der kriminellen Handlungen angesehen werden, kann eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet werden. Hier werden therapeutische Maßnahmen angeboten, mit dem Ziel, das Risiko einer erneuten Straffälligkeit signifikant zu verringern. Werden Gefangene, die diese deutlich teurere psychiatrische Maßregel in Anspruch nehmen (müssen), tatsächlich seltener rückfällig als Gefangene im klassischen Strafvollzug?

Die fast ein Jahrzehnt andauernde Essener Evaluationsstudie umfasst Daten von 16 Maßregelvollzugseinrichtungen in Deutschland und vergleicht über 300 Patienten mit sog. „gematchten“ Strafgefangenen aus 15 Justizvollzugsanstalten von der Aufnahme bis zur Entlassung (Unterbringungsverlauf). Ebenfalls wurde erhoben, ob in den Folgejahren nach der Entlassung kriminelle Rückfälle eintraten.

Das Ergebnis ist recht eindeutig: „Die Bewährungsquote nach Maßregelvollzug in der Entziehungsanstalt ist signifikant und substantiell höher als nach bloßer Haftverbüßung.“ Die Frage, ob sich der „Mehraufwand“ für suchtmittelabhängige Täter lohnt, ist dementsprechend mit einem klaren Ja zu beantworten.

Schalast sieht auf Basis dieser Ergebnisse weiteren Handlungsbedarf innerhalb des Strafvollzugs: Er würde einen Vollzug begrüßen, der sich „früh und konsequent an Rehabilitationszielen orientiert“ – und das flächendeckend. Der Bedarf an entsprechenden Maßnahmen für suchtkranke Gefangene ist auf jeden Fall groß – Tendenz immer weiter steigend.

 

Literatur zum Thema

Norbert Schalast: Ergebnisse der Essener Evaluationsstudie.
In: N. Schalast (Hrsg.), Straffällige mit Suchtproblemen.
Fakten, Erfahrungen und Ergebnisse der Essener Evaluationsstudie (S. 29–150).
Pabst 2019, Hardcover, ISBN 978-3-95853-461-2

 

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