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Suchtarbeit mit Migranten: Kultursensibilität ermöglicht Erfolge

"Die gesellschaftliche Integration von Migranten wird nicht so funktionieren, wie es sich Sozialpolitiker vorstellen. Denn Integration ist ein Prozess, in dem das ´Eigene´ von den Migranten erst einmal gerettet werden muss, in dem Menschen zu sich kommen müssen, in dem Parallelgesellschaften eine notwendige Bewältigungsform sind und in dem die Verarbeitungszeit individuell" Monate oder Jahre beansprucht. Diese Folgerung zieht Dr. Dietmar Czycholl aus seinen jahrzehntelangen Erfahrungen mit Migranten aus unterschiedlichsten Kulturkreisen. Einen Überblick bietet der Psychotherapeut in seinem aktuellen Reader "Integration heißt Erneuerung - Beiträge zu Migration und Sucht".

Erst zeitlich stark verzögert und schrittweise "kann von Integration im Sinne einer Erneuerung gesprochen werden. Integration ist eben nicht nur eine Anpassung oder Eingliederung. Hier liegt das gesellschaftliche Problem. Kurzfristige Forderungen und Sanktionen führen nur zu weiteren Problemen."

In seinem Reader reflektiert Czycholl seine suchttherapeutischen Erfahrungen mit Migranten und empfiehlt eine zielführende Strategie: "Wo haben wir die Möglichkeit, aus der Flüchtlingsgeneration oder aus der Generation, die schon vorher migriert ist, Fachleute zu rekrutieren? Wo sind die höherqualifizierten Zuwanderer? Diese könnten als Fachleute aktiviert werden - sei es als Pädagogen oder in medizinischen Bereichen. Dies ist ein Potenzial, das unbedingt aktiviert werden sollte. Es geht um die Schulung und Ausbildung von Native-Speakern, die es ermöglichen, in der Heimatsprache zusammenzuarbeiten. Bundesweit sollten hierzu Netzwerke initiiert werden, um in Erfahrung zu bringen, wo welche Fachleute zu finden und einzusetzen sind. Welcher syrische Arzt ist schon seit 20 Jahren in Deutschland tätig? Wo sind die Kinder aus früheren Zuwanderergenerationen, die über eine geeignete Qualifikation verfügen?"

Czycholl warnt vor einer Sozial- und Suchtarbeit, die auf Kultursensibilität verzichtet. "Auch in den Fachdiensten besteht die Gefahr der Stereotypisierung. Ich erinnere ungern daran, dass es bis heute Drogenkliniken gibt, in denen die russische Sprache verboten ist. Das sind Ungeheuerlichkeiten, die zeigen, wie unreflektiert auch Fachdienste mit diesen Herausforderungen umgehen. Wir sollten als Fachleute immer wieder den reflexiven Weg gehen, um zu hinterfragen: Ist das wirklich richtig, was ich verinnerlicht habe, was ich als Regelwerk verstehe? Bin ich hier in meinem Ethnozentrismus befangen? Das ist die Basis, die wir als Qualitätsmerkmal professioneller Arbeit fortwährend herstellen und auf der wir erreichbar sein müssen."

 

Integration heißt Erneuerung
Beiträge zu Migration und Sucht
Czycholl, Dietmar




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