In einer umfangreichen Studie mit Sportlern, Musikern und Tänzern belegt Wippert die extrem hohen menschlichen "Kosten" einer Spitzenleistung: "Die Betroffenen werden bereits im Kindesalter aus traditionalen Bindungen, Versorgungsbezügen und Sozialformen herausgelöst, an deren Stelle sportive oder künstlerische Instanzen und Institutionen treten. Die Entscheidung für eine Leistungskarriere bedeutet eine Akzeptanz und Einordnung in die Zwänge solcher Institutionen und in deren Kontrollen. Daraus erklärt sich eine starke Außensteuerung und -standardisierung des Lebenslaufs und eine jahrelange Abhängigkeit in allen Dimensionen der Lebensführung.
Das Ende oder der Abbruch der Karriere bedeutet nun die Freisetzung aus dieser Institutionsabhängigkeit und aus dem bisherigen eigenen Biographieentwurf." Meist benötigen Betroffene mehrere Jahre, um die Problematik zu verarbeiten, häufig gelingt es lebenslang nicht.
Pia-Maria Wippert untersuchte, wie in Hochleistungsbiographien nach einem Karrierestopp ein Identitätsumbau und eine Neufindung gelingen können. Dazu hat die Wissenschaftlerin - ehemals selbst Spitzensportlerin - ein Interventions- und Mentorenprogramm entwickelt, das allen Betroffenen angeboten werden sollte. Verbände, die ihre "Athleten auf das leistungssportliche Geschehen vereinnahmen, müssten die Dominanz ihrer Eigenlogik durch ein Gegenprinzip unterlaufen; die institutionalisierte Planung der Nachkarriere bzw. des Übergangs wäre z.B. ein solches Gegenprinzip."
Im Sport besteht also dringender Handlungsbedarf - gleichzeitig liegen darin auch große Chancen für die Verbände: Wenn die ehemaligen Spitzensportler im Konsens mit ihren Vereinen ihre persönliche Wende geschafft haben, arbeiten sie oft gern ehrenamtlich in der Nachwuchsförderung mit ...