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Seelisch Kranke mit Intelligenzminderung werden selten therapiert

Fast eine Million Menschen mit Intelligenzminderung in Deutschland sind seelisch krank. Sie werden zum großen Teil weder psychiatrisch, noch psychotherapeutisch adäquat diagnostiziert und behandelt, kritisiert Dr. Knut Hoffmann, stellvertretender Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik Bochum (RUB). Seine Analyse erschien in dem aktuellen Fachbuch "Ethische Entscheidungssituationen in Psychiatrie und Psychotherapie".

"Lange Zeit wurde davon ausgegangen, dass psychische Störungen bei Menschen mit Intelligenzminderung deutlich seltener oder gar nicht vorkommen und alle beobachtbaren Verhaltensauffälligkeiten als direkte Folge der mangelnden Intelligenz zu verstehen sind." Dieser Irrtum löst sich auch in der Fachwelt nur zögerlich auf. Richtig ist, dass sich seelische Erkrankungen bei Intelligenzminderung in der Symptomatik oft anders und missverständlicher äußern als bei anderen Patienten.
 
Die fehlende Intelligenz hindert Betroffene meist auch daran, ihre seelischen Probleme verständlich zu äußern. "Nur selten wird man z.B. bei einem Menschen mit Intelligenzminderung ein Klagen über klassische depressive Symptome hören;" vielmehr fällt eine Depression oft erst dann auf, wenn aus ihr Antriebsstörungen resultieren und der Patient seine Aufgaben nicht mehr erledigen kann, der Appetitverlust zu organischen Mangelerscheinungen führt und Schlafstörungen auch den Mitbewohnern die Ruhe raubt.
 
Die Forschung hat inzwischen ein umfängliches Instrumentarium für die Diagnostik und Therapie intelligenzgeminderter Menschen entwickelt. Doch die Umsetzung ist bisher mangelhaft. Hoffmann fordert "die Öffnung des psychotherapeutischen Versorgungssystems" für die vernachlässigte Patientengruppe. "Bisher ist es nur sehr schwer und mit viel Glück möglich, für einen Menschen mit Intelligenzminderung einen Behandlungsplatz zu finden. Nur wenige Kliniken oder niedergelassene Psychotherapeuten halten ein spezialisiertes Behandlungsangebot für diese Personengruppe vor."

Ethische Entscheidungssituationen in Psychiatrie und Psychotherapie
Juckel, Georg; Hoffmann, Knut (Hrsg.)




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