Nach einer deprimierenden Odysse durch das Gesundheitssytem landen Schmerzpatienten häufig in einer Rehabilitationsklinik und wünschen nur noch eine vorzeitige Rente. Die Therapiemotivation ist in dieser stark wachsenden Gruppe meist gering - und der Therapieerfolg entsprechend bescheiden. Der Schmerz bleibt, aber die Rente kommt. Dr. Heike Schultze untersuchte die Problematik anhand der Evaluation einer psychoedukativen sozialmedizinischen Gruppenintervention.
"Aus therapeutischer Sicht stellen Patienten mit vorzeitigem Rentenbegehren ein besonders schwieriges Klientel dar. Der Patient verhält sich oft abweisend, kritisch, z.T. aggressiv gegenüber dem Therapeuten, da er seinen Rentenwunsch durch die ausstehende Begutachtung gefährdet sieht. Häufig werden Enttäuschungen und Kränkungen durch gescheiterte Behandlungsversuche oder Vorbegutachtungen auf den neuen Behandler übertragen.
Umgekehrt findet sich der Behandler in dem Dilemma, gleichzeitig der Aufgabe eines sachlichen Gutachters und eines empathischen Therapeuten gerecht werden zu müssen. Die therapeutische Beziehung ist maximal belastet. In der Regel läuft ein Rentenwunsch einer adäquaten Behandlungsmotivation, als Voraussetzung für symptomorientierten Behandlungserfolg, zuwider."
Dr. Heike Schultze betont allerdings: Die schlechteren Ergebnisse bei Rentenantragstellern bieten keinen Beweis der gänzlichen Ineffektivität einer Reha-Maßnahme. Im Gegenteil: Bei Patienten ohne Rentenwunsch werden psychoedukative Gruppen als hochwirksame therapeutische Intervention eingeschätzt; die Motivation zu aktiver, eigenverantwortlicher Mitarbeit steigt, der Patient fasst Vertrauen zur Therapie und kann auch konfliktbehaftete Komplexe angemessen verarbeiten.
Stationäre psychosomatische Rehabilitation bei chronischen Schmerzpatienten – Evaluation einer psychoedukativen sozialmedizinischen Gruppenintervention
Schultze, H.
