NEWSBÜCHERJOURNALEONLINE-SHOP



 

Sie befinden sich hier: NEWS » Aktuelle News Psychologie » News lesen

« zurück

Report Psychologie: Sexualstraftäter bleiben häufig ohne Therapie

Sexualstraftäter benötigen während und nach der Inhaftierung eine professionelle Therapie - in eigenem Interesse und zum Schutz der Gesellschaft. Doch ein großer Teil der Sexualstraftäter wird nicht oder unzulänglich behandelt; damit steigen Rückfallquoten und Kosten. Professor Dr. Niels C. Habermann (Hochschule Heidelberg) berichtet über die Problematik in der aktuellen Ausgabe der BDP-Zeitschrift "Report Psychologie".

Habermann fokussiert in erster Linie die Betreuung nach der Entlassung: "In einer genaueren Untersuchung zeigte sich relativ deutlich eine Überlegenheit ambulanter Behandlungssettings gegenüber stationären oder anderen Settings und ein signifikant stärkerer Effekt freiwilliger versus nicht freiwilliger oder gemischter Teilnahmen ..."
 
Die seit Jahren kontinuierliche Verlängerung der Inhaftierung bzw. Zwangsunterbringung hat zu einer Kostenexplosion geführt. "Ein ambulant betreuter Patient verursacht nur cirka fünf Prozent der Kosten einer Unterbringung im stationären Maßregelvollzug." Entsprechend kostengünstig arbeiten die seit einigen Jahren etablierten forensischen Ambulanzen.
 
"Für psychologische Therapeuten in diesem Feld ist es wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, dass forensische Ambulanzen primär dem Zweck dienen, therapeutische Hilfe anzubieten, dabei zugleich aber auch Kontrollinstanz und Informationsübermittler an die Strafvollstreckungsbehörden sind. Das ist besonders für Therapeuten mit eigener Praxis und viel klinischer, aber wenig forensischer Erfahrung mitunter schwer zu begreifen, aber eine unbedingt notwendige Voraussetzung für die Arbeit in diesem Kontext."
 
Gleichzeitig warnt Habermann: "Ambulante Nachsorge kann nicht die gescheiterte (oder gar nicht erst erfolgte) Therapie während des Gewahrsams kompensieren." Täter mit Migrationshintergrund oder Minderbegabung werden z.B. häufig von der Therapie ausgeschlossen - mit der Begründung, die Kenntnis der deutschen Schriftsprache fehle. "So vergehen dann oft Monate bis Jahre, in denen therapeutisch bzw. deliktpräventiv nichts geschieht, bis eines Tages (in der Regel zum Zweidrittelzeitpunkt) ein Prognosegutachter ein erhöhtes Rückfallrisiko feststellt - und alle sich fragen: Wie konnte das passieren? Dann wird gerne dem Täter der ´schwarze Peter´ zugeschoben.
 
Dabei lässt sich erstaunlich oft feststellen, dass gerade dieser sich anfangs und im weiteren Verlauf wiederholt über Behandlungsmöglichkeiten vor Ort erkundigt  - aber kein Gehör gefunden hat. Hier herrschen vielerorts erhebliche Missstände, für die nicht allein die Täter, sondern oft auch die Justizbehörden verantwortlich sind."
Die gesellschaftliche Verantwortung gegenüber den Tätern darf sich nicht auf Strafen und Sichern beschränken, fordert der Psychologe.




alttext    

 

Aktuell

Socials

Fachzeitschriften