Bruggle beschreibt die "Verbindung von Indoktrinations- und Unterordnungsbereitschaft unter idealisierte Führerfiguren" und wundert sich über Erwachsene, die sich im Kontext von Religion "Projektionen von Elternfiguren schaffen. Dieses Phänomen himmlischer oder göttlicher Vater- und Mutterfiguren, die wie reale Eltern mächtig, belohnend und strafend gesehen werden," kennzeichnet häufig religiöse Praxis. Hier setzt sich evolutionär geprägte Unterordnungsbereitschaft durch.
Jesus wünschte (laut Matthäus 23,9): "Ihr sollt niemand auf Erden euren Vater nennen." Und Martin Luther stellte klar: "Ein Christ sei keines Menschen Untertan." Dennoch "gibt es eine Fülle religiöser Amtsträger, die sich von ihren Gläubigen ´Vater´ nennen lassen, angefangen vom ´Heiligen Vater´ bis zu den unzähligen Patres."
Weiter reflektiert Franz Bruggle: "Ein anderes, sehr eindrucksvolles Beispiel könnte man in der Entwicklung des Marienkults sehen, wo sich m.E. das Bedürfnis nach einer weiblichen Muttergottheit durchgesetzt hat ... ganz entgegen der überwiegend kritischen Haltung Jesu gegenüber seiner Mutter ... Das Pendant dieser Elternprojektionen ist natürlich die psychische Infantilisierung, für die gerade auch der religiöse Bereich besonders anfällig zu sein scheint ..." Auch wenn Menschen dazu von der Evolution disponiert sind, besitzen sie durchaus Möglichkeiten, sich in mühsamer "großhirngeleiteter Arbeit" weiter zu entwickeln.
Literatur zum Thema:
Eingebettet ins Menschsein: Beispiel Religion – 3. Band: Aktuelle Studien zur religiösen Entwicklung
Rollett, B.; Herle, M.; Braunschmid, I. (Hrsg.)