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Psychoonkologie: "Wenn Mama stirbt, will ich auch nicht mehr leben ..."

Im deutschsprachigen Raum leben etwa 200.000 Kinder mit einem krebskranken Elternteil. Etwa jedes dritte betroffene Kind entwickelt Verhaltensauffälligkeiten oder psychische Symptome. Vor allem Kleinkinder und heranwachsende Mädchen sind verletzlich. Der Stabilitätsverlust zeigt sich in Fragen, die manche Kinder offen stellen, andere jedoch verheimlichen, berichtet die Psychoonkologin Claudia Heinemann (Hamburg).

  • Wird Mama/Papa die Krankheit überleben?
  • Bin ich/jemand anderes schuld an der Erkrankung?
  • Wie geht mein Alltag weiter?
  • Wer kümmert sich um mich?
  • Wer darf es wissen?
  • Steckt Krebs an?
  • Kann ich es auch bekommen?

Bei Säuglingen kann eine längere Abwesenheit der Mutter die Entwicklung des Urvertrauens beeinträchtigen. "Existentielle Ängste und Unsicherheiten können die Folge sein."

"Im Kleinkindalter werden Trennungen häufig als Bestrafung durch Verlassenwerden missdeutet." Daher ist es wichtig, diese Fehldeutung durch Erklärungen zu vermeiden. "Plötzliche körperliche Veränderungen des Elternteils können beim Kind zu Verstümmelungsängsten führen." Mit erklärenden Vorbereitungen lassen sich derartige Ängste und Fantasien deutlich reduzieren.

"Im Alter von vier bis fünf Jahren, wenn es in der kindlichen Entwicklung um Rivalität, Wut und Abgrenzung gegenüber den Eltern geht, können Krankheitssymptome oder die Erkrankung selbst als negative Folge des eigenen Verhaltens interpretiert und Schuldgefühle entwickelt werden. Auch in dieser Phase des magischen Denkens ist es wichtig, dem Kind kognitive Orientierung zu geben und es von möglichen Verschuldungsphantasien zu entlasten.

Anders als Kleinkinder sind Schulkinder bereits in der Lage, über die elterliche Verfassung nachzudenken. Dies kann dazu führen, dass sich das Kind - um seine Eltern zu schonen - in seinen eigenen Bedürfnissen zurückstellt. Manche Eltern übersehen die kindliche Not und missdeuten die Zurücknahme als Zeichen einer erfolgreichen Bewältigung. Viele Kinder in diesem Alter entwickeln körperliche Symptome wie Bauch- und Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Einnässen.

Auch Jugendliche, bei denen es um Ablösung sowie Entwicklung der Identität geht, können nachhaltig beeinträchtigt werden. Viele übernehmen Verantwortung für den Kranken oder die ganze Familie. Wünsche nach Ablösung und Reibung mit den Eltern können vor dem Hintergrund des Wahrgenommenen Leids schuldhaft verarbeitet werden, was u.U. zu einer Zurücknahme der Autonomiewünsche und Aggression führt." Sind geschlechtsspezifische Körperteile von der Krankheit betroffen, kann dies bei Jugendlichen besonders starke Ängste hinsichtlich der eigenen Geschlechtsidentität und Unversehrtheit auslösen. 

 

Angst und Zuversicht – das Spannungsfeld der Psychoonkologie. dapo-Jahrbuch 2010
Schumacher, A.; Reinert, E.; Weyland, P.; Schopperth, Th.; Rogge, A. (Hrsg.

 




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