In der Lebensgeschichte Friedrichs des Großen erinnert Klussmann an den negativen Einfluss des Vaters Friedrich-Wilhelm. Letzterer ließ keinerlei Diskussion zu: "Eine für die Entwicklung eines Sohnes notwendige Auseinandersetzung mit ihm war nicht möglich. In Friedrich baute sich eine Art ´Doppelbild´ auf, in dem er die Strenge seines Vaters ablehnte, sie aber gleichzeitig als übermächtige Stärke bewunderte. Er nahm sie für sich an, kopierte sie nach der Regierungsübernahme und übertraf sie in vielen Belangen in unangenehmer bis brutaler Weise."

"Friedrichs Weg wurde begleitet von seelischen und körperlichen Krankheiten, die von einem schwächlichen, oft kranken Kind über Stoffwechselprobleme mit erheblichen Gewichtsschwankungen, haemorrhoidalen Beschwerden, Depressionen und Schwermütigkeit bis zur Gicht reichten. Diese schmerzhafte Krankheit trat auffälligerweise bei Regierungsantritt und der Übernahme der väterlich-brutalen Persönlichkeitszüge auf.

Seine gestörte Geschlechtsidentitätsfindung ist in diesem Kontext zu sehen. Eine entsprechend gesunde kindliche Orientierung ist mit der geschlechtsspezifischen Vorbildfunktion des gleichgeschlechtlichen Elternteils verbunden. Friedrich verabscheute das weibliche Geschlecht. Möglicherweise führte er auch deswegen seine Kriege gegen Maria Theresia. Für seine direkte, familienbezogene Nachfolge konnte er nicht sorgen ... Daher erfuhr die Hohenzollern-Dynastie mit dem Tod Friedrichs ein Ende."

VäterSöhne – Charaktere und Konflikte.
Eine psychohistorische Studie
Klußmann, R.