Die kapitalistische, neoliberale Wettbewerbsgesellschaft schafft Bevölkerungsgruppen, die sich als unterprivilegiert und gekränkt empfinden; eventuell entstehen in diesem Kontext Scham, Versagensängste und Selbsthass; ein ausgeglichenes Selbstbewusstsein kommt abhanden.
Rechtspopulisten werten diese Gruppen unter dem Label "Wir sind das deutsche Volk" auf; es "wird als großartiger und geschichtsmächtiger kollektiver Akteur beschrieben." Als Kontrast werden andere Gruppen krass abgewertet; Migranten, Medien, Politiker und andere werden als Versager, Schuldige, Verhasste desavouiert. Damit können die Verunsicherten und Deprimierten ihre Scham, ihre Versagensängste und ihren Selbsthass auf die Desavouierten projizieren.
Diese Form der Selbstentlastung wurde bereits im Antisemitismus untersucht: Aggressive Impulse, die sich ursprünglich gegen das Selbst richten, werden in Judenhass umgewandelt.
Jan Lohl beschreibt die verunsicherte Klientel des Rechtspopulismus als Benachteiligte des kapitalistischen Neoliberalismus. Anderseits insistiert sie, ebendiesen zu vergötzen: "Das eigene Ichideal und daran geknüpfte Phantasien von einem optimierten und leistungsbereiten Selbst werden unbewusst nicht aufgegeben, sondern auf eine kollektive Ebene verschoben und hier stellvertretend realisiert. Rechtspopulismus verspricht, dass die Lage des ´deutschen Volkes´ durch den aggressiven Ausschluss" angeblicher Versager "optimiert werden kann.
Menschen, die psychisch an diesem politischen Wahngebilde partizipieren, bleiben unbewusst an den kapitalistischen Anspruch gekettet, der kränkt und krank macht ..."