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Psychologie: Schenkung ermöglicht Blick in die Anfänge der Forschung

Erich H. Witte bei der Unterzeichnung des Schenkungsvertrags. Im Hintergrund ein Blick in das ehemalige Labor William Sterns. (Universität Würzburg)

Esther Gildemann, Restauratorin am Zentrum für Geschichte der Psychologie, und Armin Stock, Leiter des Zentrums, mit einem Tonvariator von William Stern. (Franziska Fierdag)

William Stern (1871-1938): A Brief Introduction to His Life and Works

Das Zentrum für Geschichte der Psychologie der Universität Würzburg hat eine bedeutende Schenkung an historischen Apparaten erhalten. Die Geräte hat einst William Stern (1870-1938) für seine Forschungsarbeiten genutzt.

Eigentlich könnte William Stern einer der weltweit bekanntesten Psychologen sein. Immerhin hat er am 19. April 1912 ein verbessertes Maß für die in Intelligenztests gezeigten Leistungen eingeführt: den Intelligenzquotienten, kurz „IQ“. Während jedoch den IQ heute nahezu alle kennen, ist sein Schöpfer weitgehend unbekannt.

Das Gedächtnis an William Stern am Leben erhalten: Dafür engagiert sich das Zentrum für Geschichte der Psychologie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) – unter anderem. Die Institution hat sich das Ziel gesetzt, das Erbe der Entwicklung der Wissenschaft und des Faches Psychologie zu sammeln, zu bewahren und es allen Interessierten zugänglich zu machen. Dazu verfügt es unter anderem über eine historische Apparate- und Instrumentensammlung.

Schenkung durch Erich H. Witte

Diese Sammlung hat jetzt dauerhaften Zuwachs erhalten. Erich H. Witte, seit 1970 an der Universität Hamburg als Sozialpsychologe tätig und mittlerweile emeritierter Professor, ist es zu verdanken, dass zumindest ein Teil der Apparatesammlung aus dem Hamburger Vorkriegsinstitut von William Stern erhalten geblieben ist.

Als sich die Universität Hamburg von den alten Apparaten trennte und sie entsorgte, griff Witte beherzt zu und nahm sie in seine Obhut. Über viele Jahre bewahrte er dann die geretteten Apparate auf. Um deren weitere Zukunft zu sichern, wandte er sich schon im Jahr 2014 an das Zentrum für Geschichte der Psychologie, da dieses aus seiner Sicht der richtige Ort für die Apparatesammlung Sterns sei und sie dort einen würdevollen Platz finden könne.

Präsentation in der aktuellen Ausstellung

Zunächst vereinbarten die Beteiligten eine Dauerleihgabe für zehn Jahre, die im Vertrag bereits die gemeinsame Intention enthielt, diese danach in eine Schenkung umzuwandeln. Das Zentrum hat die Apparate während dieser Zeit restauriert, konserviert und teilweise in seinen Ausstellungen präsentiert.

Groß ist nun die beiderseitige Freude, dass aus der Leihgabe eine Schenkung wurde und die Apparate William Sterns auch künftig die Sammlung des Zentrums für Geschichte der Psychologie bereichern. Aus diesem Anlass wird das Zentrum sie innerhalb seiner aktuellen Ausstellung „Das Gelehrtenzimmer“ in naher Zukunft der Öffentlichkeit präsentieren.

Zur Person William Stern

William Stern wurde am 29. April 1871 in Berlin geboren. Nach dem Studium der Philosophie, Philologie und Psychologie Ende des 19. Jahrhunderts, unter anderem bei dem Gedächtnispsychologen Hermann Ebbinghaus (1850-1909), begann Stern 1897mit seiner Habilitation eine vielversprechende Wissenschaftskarriere.

Früh erhielt er eine erste Professur in Breslau und 1916 einen Ruf an das damalige Hamburger Kolonialinstitut, den Vorläufer der 1919 von ihm mitbegründeten Universität Hamburg. Während dieser Zeit und in den Folgejahren erlangte Stern in vielfältiger Weise ein international hohes Renommee.

Anerkennung gewann er unter anderem als Entwickler des Tonvariators, eines Apparats zur Erzeugung gleichmäßig veränderbarer Töne, als Begründer des Hamburger Instituts für Psychologie, als Pionier der Differentiellen Psychologie sowie als einer der frühen forensischen und angewandten Psychologen, der den Begriff der „Psychotechnik“ prägte und gemeinsam mit Otto Lippmann (1880-1933) in Berlin ein Institut für angewandte Psychologie gründete.

Studien zur kindlichen Sprachentwicklung

Hoch geschätzt wurde er auch mit seiner Frau Clara für die gemeinsam durchgeführten Studien zur kindlichen Sprachentwicklung und für die Tagebuchaufzeichnungen der Entwicklung ihrer eigenen drei Kinder. Da wundert es wenig, dass er bereits 1909, mit gerade einmal 38 Jahren, einen Ehrendoktor der Clark University in den USA erhielt.

Noch 1931 konnte er in Hamburg den großen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie abhalten. Nur zwei Jahre später machte das von den Nationalsozialisten eingeführte „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ jegliche weitere Betätigung Sterns an der Universität Hamburg unmöglich: Als dem jüdischen Glauben angehöriger Mitbürger wurde er seines Amtes enthoben. Der Entschluss zur Emigration, zunächst in die Niederlande und anschließend in die USA, wo er an der Duke-University in North-Carolina eine Gastprofessur erhielt, rettete seiner Familie und ihm das Leben.
William Stern starb am 27. März 1938 in Durham, North Carolina.

Literatur

William Stern (1871-1938): A Brief Introduction to His Life and Works
Lamiell, James T.
Pabst, 172 pages

Apparative Psychologie
Geschichtliche Entwicklung und gegenwärtige Bedeutung
Albert, D.; Gundlach, H. (Hrsg.)
Pabst, 274 Seiten

 

 




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