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Prävention und Jugendschutz durchsetzen heißt: keine Geldspielautomaten in Gaststätten

Von rund 215.000 pathologischen Spielerinnen und Spielern in Deutschland sind die meisten abhängig vom Spielen an Geldspielautomaten. Diese Form des Glücksspiels birgt ein hohes Suchtpotenzial. Wenn Prävention und Jugendschutz greifen sollen, müssen Geldspielautomaten aus Gaststätten verschwinden. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) unterstützt daher die Forderung nach einem generellen Verbot von Geldspielautomaten in Gaststätten.

Die Umsätze auf dem deutschen Glücksspielmarkt sind 2014 deutlich angestiegen. Und das trotz sinkender Erträge in den Spielbanken. Dort sind Glücksspielautomaten und "klassische" Spiele wie Roulette, Poker oder Black Jack zunehmend weniger gefragt, auch die Teilnahme an staatlichen Lotterien ist rückläufig. Wie kommt es dennoch 2014 zu Mehreinnahmen in Höhe von 478 Mio. Euro auf insgesamt 34,7 Milliarden Euro?

Verantwortlich sind zu einem großen Teil die 269.000 gewerblichen Geldspielautomaten in Spielhallen, Gaststätten und Imbissbetrieben (2.000 Geräte mehr als 2013), die 2014 allein 20,5 Mrd. Euro Umsatz erzielten und damit für ein Plus von 3,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr sorgten. Die Geräte sind der mit Abstand größte Umsatzträger legaler Spielangebote in Deutschland. Ihr Anteil am Gesamtumsatz betrug 59,2%. Den Aufstellern der Geldspielgeräte verblieb im Jahr 2014 ein Bruttospielertrag (Spieleinsätze abzüglich Gewinnauszahlungen, ohne Kostenanrechnung) von 4,7 Mrd. Euro, das sind 3,3% mehr als im Vorjahr.

Der deutliche Anstieg von Geldspielautomaten lässt sich zum großen Teil auf die fünfte Novelle der Spielverordnung des Jahres 2006 zurückführen, die den Her- und Aufstellern von Geldspielautomaten einen größeren Gestaltungsspielraum einräumte und so eine Erhöhung der Spielanreize, wie zum Beispiel das Punktespiel nach sich zogen. Die Folge waren mehr Geräte, eine Zunahme an Spielhallen und eine Steigerung des Bruttospielertrages - und höhere Gewinn- und Verlustmöglichkeiten der Spieler.

Geldspielautomaten bergen hohes Abhängigkeitspotenzial

Von den rund 215.000 Personen mit pathologischem Spielverhalten sind die meisten abhängig vom Automatenspielen. Dass es viele Menschen gibt, die dieser Abhängigkeit entkommen möchten, zeigt die wachsende Nachfrage süchtiger Spieler und Spielerinnen nach ambulanter Beratung. Mit 73,9% bilden Spieler/-innen an Geldspielautomaten die weitaus größte Gruppe. Die ambulante und stationäre Suchthilfe hat sich schnell und effektiv auf den steigenden Bedarf eingestellt und hält für ihre Klienten ein fortlaufend optimiertes Beratungs- und Therapieangebot bereit.

Suchtpräventionsexperten fordern schon lange zumindest eine signifikante Entschärfung der Gewinn- und Verlustmöglichkeiten beim Spielen an Geldspielautomaten, um das Suchtpotenzial zu vermindern und die finanziellen Konsequenzen für Spieler zu mildern.

Dazu gehört vordringlich und an erster Stelle ein generelles Verbot von gewerblichen Spielautomaten in Gaststätten und Imbissbetrieben. Die Logik ist verblüffend einfach: Wo kein Spielautomat steht, kann auch der Jugendschutz nicht unterlaufen werden. Dafür hat sich auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, bereits 2014 ausgesprochen: "Wenn wir es mit der Bekämpfung der Spielsucht ernst meinen, kann die Konsequenz nur sein, gar keine Spielgeräte in Gaststätten zu erlauben." Denn wirksamer Jugendschutz im Hinblick auf pathologisches Glücksspiel kann nur gewährleistet werden, wenn Geldspielautomaten aus gastronomischen Betrieben verschwinden.

Novellierte Spielverordnung führt personenungebundene Spielerkarte ein

Schon ihre Vorgängerin, Mechthild Dyckmans, hatte sich nachdrücklich dafür eingesetzt, dem Glücksspiel in Kneipen ein Ende zu machen: "Das höchste Suchtpotenzial beim Glücksspiel gibt es bei den Automaten". Durchsetzen konnte sie sich jedoch nicht. Das Wirtschaftsministerium folgte den Empfehlungen insoweit,  als 2014 eine Novellierung der Spielverordnung  verabschiedet wurde, deren Neuerungen nach und nach in den Jahren 2015, 2016 und 2019 in Kraft treten (sollen). Dazu gehört unter anderem die Einführung einer nicht-personalisierten  "Spielerkarte",  die gerätegebunden  ist  und dafür  sorgen soll,  dass der  Geldeinsatz begrenzt  ist und nicht an mehreren Geräten gleichzeitig gespielt werden  kann.Über die Wirksamkeit der Spielerkarte lässt sich streiten. Nach Aussagen von Präventionsexperten wie Ilona Füchtenschnieder, Leiterin der Landesfachstelle Glücksspielsucht in NRW oder Harald Terpe, Sprecher für Drogen- und Suchtpolitik der Grünen im Bundestag, führt die Spielerkarte keineswegs dazu, weniger zu spielen, sondern verleitet die Spieler vielmehr dazu, ihr Guthaben zu verbrauchen, da sie es ja schon auf ihre Karte übertragen haben. Eine nicht personalisierte Spielerkarte eröffne überdies die Möglichkeiten, die beabsichtigten Begrenzungen zu umgehen.Auch die übrigen Maßnahmen der Novellierung zur Verbesserung des Spieler- und insbesondere des Jugendschutzes sind als Präventionsinstrumente eher zweifelhaft. Dazu gehören unter anderem die geplante Verringerung (ab 2019) von drei auf höchstens zwei Geld- oder Warenspielautomaten pro Spielstätte, die Einführung einer Spielpause, ein Verbot des Punktespiels und eine Eindämmung der Mehrfachbespielung von Geldspielgeräten. An der grundsätzlichen Problematik ändern diese Maßnahmen nichts, sie verringern lediglich punktuell das zur Verfügung stehende Angebot. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen fordert daher:

  • Keine Geldspielautomaten in Gaststätten und Imbissbetrieben
  • Einführung eines bundeseinheitlichen, sektorenübergreifenden Spielersperrsystems zum Schutze der Betroffenen (wie in Hessen)
  • Wirksame Kontrolle der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben
  • Rücknahme der novellierten Spielverordnung 2006



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