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Politische Twitter-Nutzer: eine gebildete, engagierte Minderheit mit gefestigten Positionen

Politische Tweets mit ironischen Formulierungen oder statistischen Angaben oder differenziert zweiseitigen Argumentationen werden am intensivsten beachtet und retweetet, stellten Claudia Bader und MitarbeiterInnen (Universität Jena) fest. Die Studie zur Kommunikation im Wahlkampf 2013 wertete mehr als eine halbe Million Tweets aus und erschien in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Politische Psychologie".

"Unter den Tweets von Politikern dominierten beiweitem die der Piratenpartei bzw. ihrer Mitglieder. Vergleichsweise viele Tweets stammten zudem von den Grünen, der CDU/CSU und der AfD. Die übrigen Parteien waren dagegen weniger (SPD, FDP) bis fast gar nicht (Linke, NPD) präsent." Im Wesentlichen twitterten Politiker positive Selbstdarstellungen. Eine wirkliche Kommunikation mit Bürgern per Twitter fand kaum statt. Obwohl die Linke selbst fast überhaupt nicht twitterte, erhielt sie die weitaus günstigste Twitter-Zustimmung, gefolgt von den Piraten, der SPD, der AfD und den Grünen. Schlusslichter bildeten Union und FDP. Ein Zusammenhang zwischen Tweet-Aufwand der Parteien und der Zustimmung von Twitterern ist auch nicht ansatzweise erkennbar.
 
Die AutorInnen resumieren: "Für einen optimistischen Blick auf die Rolle von Twitter in Wahlkämpfen spricht zunächst die Tatsache, dass sich die Inhalte der Tweets deutlich von den Inhalten klassischer Massenmedien unterscheiden. Das gilt insbesondere für Tweets von politischen Akteuren, die anders als es in Interviews und Wahlkampfreden häufig der Fall ist, nicht den politischen Gegner kritisieren, sondern sich selbst positiv darstellen. Dies spricht dafür, dass sie sich anders als in wahlrelevanten Kommunikationskanälen nicht der Medienlogik unterwerfen, weil sie nicht darauf spekulieren müssen, dass ihre Aussagen Nachrichtenfaktoren wie Negativität erfüllen, um von Journalisten für die Berichterstattung ausgewählt zu werden.
 
Die Inhalte von Twitter unterscheiden sich auch insofern von den klassischen Nachrichtenmedien, dass bestimmte, v.a. politisch weit links stehende Parteien in der Twittersphäre nicht nur mehr Raum einnehmen, sondern auch positiver dargestellt werden. Unabhängig davon, wie man dies inhaltlich bewertet, trägt Twitter folglich zur Meinungsvielfalt bei.
 
Schließlich kann man es als positiv betrachten, dass der Erfolg von wahlrelevanten Twitter-Nachrichten maßgeblich von Merkmalen eines rationalen Diskurses bestimmt wird: Tweets, die zweiseitig argumentieren und ihre Aussagen mit statistischen Evidenzen belegen, werden mit größerer Wahrscheinlichkeit retweetet. Dagegen haben z.B. emotionale Appelle oder Fallbeispiele keinen positiven Effekt auf Retweets ..."
 
Die AutorInnen schließen aus ihren Daten, "dass es sich bei den politischen Twitter-Nutzern in Deutschland im Gegensatz zu den USA nach wie vor um einen sehr selektiven Teil der Bevölkerung handelt: hoch gebildete, politisch stark engagierte Bürger mit entsprechend gefestigten politischen Positionen ..."

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