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Pathologischer PC/Internetgebrauch entsteht meist auf dem Boden unsicherer Bindungserfahrungen

Internet und PC können jungen Menschen Möglichkeiten bieten, virtuell ungehindert ihre Bedürfnisse auszuagieren. Bietet das reale Leben zu wenige Möglichkeiten, können Internet- und PC-Gebrauch exzessiv und pathologisch werden. Dr. Petra Schuhler (AHG-Klinik Münchwies) und KollegInnen berichten über die Problematik und therapeutischen Möglichkeiten in der aktuellen Ausgabe von "Rausch - Wiener Zeitschrift für Suchttherapie".

Bereits das Kleinkind besitzt neben dem Bindungsbedürfnis das Motiv, die Umwelt zu explorieren und zu beeinflussen. "Eine sichere Bindung ist Voraussetzung dafür, dass ein Kind seine Umwelt erforschen und sich dabei als selbstwirksam und aktiv-handelnd erfahren kann. Diese für die menschliche Entwicklung grundlegende Dynamik zwischen Sicherheitsempfinden und Explorationsmut und -freude kann in vielfältiger Form in der PC-/Internet-Aktivität beobachtet werden," berichtet Petra Schuhler.
 
"Die Mehrpersonen-Online-Rollenspiele erlauben recht sicheres Explorationsstreben, die Abfuhr aggressiver Regungen, ohne einen realen Angriff fürchten zu müssen, und das Empfinden von Sicherheit und Geborgenheit in einer Gruppe. In den Chats gelingt eine Beziehungsregulierung und Selbstdarstellung, die unter Ausblendung oder Verzerrung der Realität negative, verunsichernde Rückmeldungen weitgehend minimiert und positiv stärkendes Feedback erleben lässt.
 
Das ausufernde Surfen vermag die trügerische Gewissheit einer eigenen kleinen Welt zu verschaffen, die beherrschbar erscheint, die neue Entdeckungen bereithält und in der Erfolg greifbar nahe ist - im subjektiven Erleben."
 
Gelingt in der Realität ein vergleichbares Erleben - v.a. wegen unsicherer Bindungserfahrungen - nicht, besteht die Gefahr, dass die/der Jugendliche sich in die virtuelle Welt verliert und von der Realität zunehmend verabschiedet.
 
Die Chronifizierung des pathologischen PC/Internet-Gebrauchs lässt sich als zunehmende Einschränkung von Handlungsoptionen unter Vernachlässigung alternativer Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung verstehen," notiert Dr. Jörg Petry. Gewohnheiten entwickeln sich, "indem automatisierte, nicht bewusste Mechanismen die reflektive Bewertung und Umsetzung von Handlungsalternativen ersetzen. Es entsteht ein Verlust an Selbstkontrolle, wodurch ein weniger bewusster, eher spontaner, durch die Anreize des Mediums ausgelöster Handlungsmodus dominiert."
 
Petry und Schuhler ordnen den pathologischen PC/Internet-Gebrauch nicht als Suchterkrankung ein, sondern "innerhalb des psychiatrischen Klassifikationssystems ICD-10 in den Bereich der Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen. Es handelt sich um ein in der kindlichen und adoleszenten Entwicklung verwurzeltes starres Verhaltensmuster, das mit deutlichen Abweichungen im Wahrnehmen, Denken, Fühlen und in Beziehung zu anderen verbunden ist."

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