In der Allgemeinbevölkerung hält sich jedoch der weit verbreitete Glaube, "dass Kinder und Jugendliche, die durch Erwachsene oder bedeutsam ältere Jugendliche sexuell missbraucht wurden, selbst gefährdet sind, als Erwachsene später Kinder/Jugendliche zu missbrauchen." Würde jedoch diese Annahme - hier als Missbrauchs-Missbraucher-Hypothese bezeichnet - zutreffen, dann müsste demzufolge die Zahl von Frauen als Täterinnen viel höher liegen, denn diese sind überwiegend Opfer von sexuellem Missbrauch.
Garland & Dougher (1990) konnten in ihrer Untersuchung aller bis dato veröffentlichten Studien diese Hypothese bereits damals widerlegen: "Given the popularity of the abused/abuser hypothesis, it is perhaps surprising to find that there is a dearth of evidence supporting it. This is not to say that there is a substantial body of contradictory evidence (S. 488).
Auch Hanson & Bussiere (1998) konnten in ihrer Meta-Analyse an 61 Rückfallstudien nachweisen, "dass die Variable Traumatisierung des Täters durch sexuellen Missbrauch in der eigenen Kindheit keine Vorhersagekraft besitzt. Viel höheren Prädiktionswert hat dagegen eine sexuelle Präferenz gegenüber Kindern, die anhand phallometrischer Messungen festgestellt wurde (r.=0,32).