"Mehreren Studien ist zu entnehmen, dass im Rahmen einer patientenkontrollierten Analgesie (PCA) der männliche Patient eindeutig mehr Opioide als die Frau benötigt und einen größeren Schmerzlinderungseffekt aufweist. Hieraus ist abzuleiten, dass ein µ-Ligand beim Mann bessere Wirkungen zeigt. Bei der Frau hingegen müssen wegen der schlechteren antinozizeptiven Wirkung dieser am µ-Rezeptor angreifenden Opioide zusätzliche Strategieen zur Schmerzbewältigung eingesetzt werden...    
 
Neu ist, dass Opioide mit k-spezifischem Spektrum bei der Frau eine höhere Wirkungseffektivität aufweisen als beim Mann. Diese höhere Wirkung der am k-Rezeptor bindenden Opioide beruht nicht auf einer unterschiedlichen Pharmakokinetik. Vielmehr liegt eine unter den weiblichen Hormonen bessere Ansprechrate der k-Bindungsstellen vor."
 
Der Anästhesist und Intensivmediziner weiß aus eigenen Beobachtungen und empirischen Studien: "Festsitzende, stereotypische Wahrnehmungsschemata sind ein Grund dafür, dass Frauen postoperativ weniger schmerzorientiert therapiert werden als Männer. Denn selbst die Schwester stuft den postoperativen Schmerz bei der Frau geringer ein als beim Mann. Gerade weil die Frau den Schmerz eher und glaubwürdiger als der Mann artikuliert, wird trotz augenfälliger Pathologie und unter der Annahme einer vorherrschenden psychischen Komponente bei der Patientin eine geringere Schmerztoleranz angenommen. So konnte in einer Untersuchung nachgewiesen werden, dass Frauen bei postoperativen Schmerzen eher Sedativa als Männer erhalten und letztlich verspätet ein effektives Schmerzmittel appliziert bekommen ..."
 

Opioide in der Medizin
Wirkmechanismus und praktischer Einsatz
Freye, Enno