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Ohne Angestellte, Büro und Hardware: Wie virtuelle Unternehmen sich managen lassen

Der 9-to-5-Job ist für die meisten Wissensarbeiter heute ein Relikt aus alten Zeiten. Sie sind zudem immer häufiger außerhalb des Büros für den Beruf tätig. Die Grenzen zwischen privater Zeit und Arbeitszeit verschwimmen für immer mehr Arbeitnehmer. Personalverantwortliche müssen deshalb neue Managementformen finden, fordert Dr. Nicola Millard. Die Zukunftsforscherin der British Telecom (BT) gibt zum Auftakt der Messe Zukunft Personal am Dienstag, 25. September, anhand ihrer Forschungen Ratschläge für die Personalarbeit im virtualisierten Unternehmen.

"Die Extremform des zukünftigen Unternehmens hat keine Mitarbeiter, keine Gebäude und keine Technologie mehr", konstatiert Dr. Nicola Millard. Diese neue Art Unternehmen bringe Menschen zusammen, wenn es sie brauche und bezahle pro erledigte Aufgabe. Damit könne es sehr schnell agieren. Größere, etablierte Firmen würden hingegen durch ihre Hardware, ihre viele Menschen, Gebäude und Technologie ausgebremst. Sie müssten sich fragen, wie sie stabil bleiben, aber gleichzeitig beweglicher werden.

Virtuelle Büroräume vitalisieren

Schon heute beginnen Betriebe laut Millard damit, ihren Gerätebestand zu reduzieren. Der Trend gehe hin zu "Bring your own device": Mitarbeiter könnten zunehmend ihre privaten Smartphones, Tablets oder Laptops für die Arbeit nutzen. Personalverantwortliche müssten deshalb Leitlinien entwickeln, die festlegten, welche Geräte die Mitarbeiter am Arbeitsplatz nutzen können und wie sie diese einsetzen dürfen.

Auch den Übergang zu flexibleren Arbeitszeiten gelte es in Personalabteilungen zu organisieren: "HR muss sich überlegen, wie sich Menschen managen lassen, auch wenn sie nicht anwesend sind", so die Zukunftsforscherin. Unternehmen sollten den Mitarbeitern Arbeitszeitoptionen anbieten, die ihren Vorlieben entgegenkommen. Denkbar sei neben der klassischen Präsenzarbeit und der 100-prozentigen Arbeit von zuhause auch eine Art "dritter Raum". Dr. Millard nennt diese Zwischenform "Coffice": "Ein Ort, an dem es gute Kekse, guten Kaffee und gute Gespräche gibt." In diesem angenehmen Umfeld müsse selbstverständlich auch Zugriff auf alle arbeitsrelevanten Daten gewährleistet sein - etwa über Cloud Computing.

Kommunikationsdiäten entwickeln

Die British Telecom untersucht zudem mit der Universität Cambridge, wie Arbeit mittels moderner Technologie in unser Privatleben eindringt. Demnach kann es in virtualisierten Unternehmen leicht zum Phänomen "Virtual Face Time" kommen: "Wir möchten beweisen, dass wir immer arbeiten, da unser Chef uns nicht sehen kann", erklärt Millard. Gemäß der internationalen Studie (USA, Großbritannien, China und Australien) empfindet jeder dritte Mitarbeiter diese Entwicklung als Belastung.

Als Konsequenz aus dieser Untersuchung hat BT ein Konzept zur "ausgewogenen Kommunikationsdiät für Unternehmen" entwickelt, das Personaler in die Organisation einbringen können: Danach sollten Mitarbeiter das eigene Verhalten analysieren und neue Regeln für den Umgang damit finden - zum Beispiel E-Mails nur noch zu bestimmten Zeiten abrufen. Dazu gehöre auch, dieses neue Verhalten im Team und bei Kollegen zu kommunizieren. "Die Mitarbeiter müssen zuerst neue Regeln für sich selbst aufstellen und dann den anderen erklären, wie sie mit ihnen kommunizieren sollen."

Schnelles Vertrauen schaffen

Eine weitere Schwierigkeit, die auf virtuelle Unternehmen zukomme, lasse sich am Konzept "Team" gut ablesen: Während Teams früher langfristig angelegt waren, arbeiten sie heute häufig nur projekt- oder themenbezogen zusammen. Dafür brauche es nicht nur ein gemeinsames Ziel, sondern auch "Fast Trust" - schnelles Vertrauen. "In traditionellen Organisationen vertraute man sich, weil man sich kannte", so Millard. "In modernen Unternehmen muss Vertrauen schnell hergestellt werden, weil wir die anderen Teammitglieder nicht unbedingt lange kennen."

Die Zukunftsforscherin setzt sich deshalb in "Zukunft der Arbeit", einem Co-Projekt mit der London Business School, intensiv mit der Frage auseinander, wie Instant Messaging, Video, Audio und soziale Medien Menschen zusammenbringen und dabei helfen, schneller Vertrauen aufzubauen. "Mithilfe von Social Media können wir mit Menschen zusammenarbeiten, von denen wir noch nicht einmal wussten, dass es sie gibt", so Millard. Der Mitarbeiter stelle eine Idee in den virtuellen Raum, auf die andere reagieren - teilweise über Unternehmens- und geographische Grenzen hinweg. Doch persönliche Face-to-Face-Kommunikation lasse sich dadurch nicht ersetzen. Online-Gespräche erzeugten häufig ein Bedürfnis, das Gegenüber persönlich zu treffen. "So stimulieren soziale Medien auch ganz stark die traditionelle Kommunikation."

Weitere Anregungen, wie Mitarbeiter in einer virtuellen Arbeitswelt kommunizieren sollten und welche Rolle Führungskräfte und Personaler dabei spielen, gibt Dr. Nicola Millard in ihrem Keynote-Vortrag: "The Death of Dolly, the Desk and Dr No: The Future of Work" (englischsprachiger Vortrag), am Dienstag, 25. September 2012, 9.30 bis 10.30 Uhr, im Anschluss Public Interview,
Messe Köln, Halle 11.2, Forum 1.

Zur Person: Dr. Nicola Millard arbeitet seit 21 Jahren für die British Telecom (BT). Nach verschiedenen Tätigkeiten im Unternehmen beispielsweise für das Design der Benutzeroberfläche, den Kundenservice oder die Managementberatung ist sie heute Customer Experience Futurologist bei BT. Ihren Doktor in Psychologie erlangte sie im Jahr 2005 an der Universität Lancaster berufsbegleitend in Vollzeitarbeit. Vier Jahre später veröffentlichte sie ihr erstes Buch "Designing Motivational User Interfaces". Dr. Nicola Millard ist berühmt für ihre unkonventionellen Vorträge, in denen sie herkömmliches betriebswirtschaftliches Denken mit einer Mischung aus Psychologie und Verbraucherforschung auf den Kopf stellt.

Das komplette Programm der europäischen Leitmesse für Personalmanagement ist unter Öffnet einen externen Link in einem neuen Fensterhttp://www.zukunft-personal.de/ verfügbar.




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