In einer Untersuchung der Transplantationszentren Berlin-Charite, Magdeburg und Düsseldorf sahen Frank Friedersdorff und Kollegen ein differenziertes Bild: Entnahmen die Urologen die Niere in einer offenen Operation, erlitten 17% der Spender ein Fatigue-Syndrom. Nach einer minimalinvasiven Prozedur (Laparoskopie) lag der Anteil bei acht Prozent (UrolInt2016;97:450-456). Bereits 2007 hatte eine niederländische Arbeitsgruppe vergleichbare Ergebnisse berichtet (NedTijdschrGeneeskd2007;151:1352-1360).
Michael Potts und David Evans haben in einer Übersicht die Ergebnisse aus verschiedensten internationalen Studien zusammengefasst und warnen generell davor, die Spenderrisiken zu unterschätzen. Die Wissenschaftler beziehen sich u.a. auf Ergebnisse des Transplantationszentrums Maryland (USA): 738 Spendern wurde minimalinvasiv eine Niere entnommen. 6,8% erlitten im Operationssaal und 17% nach dem Eingriff schwere Komplikationen. Unvermeidlich ist, dass die Restniere des Organspenders überlastet wird - mit einer unübersehbaren Zahl langfristiger Folgen.
Die Daten bedeuten nicht, dass eine Nierenspende unethisch sei. Sie besagen nur: Wer sich zur Spende bereit erklärt, muss wissen, welchen "Preis" sie bedeuten kann - und ob das Wohl des Empfängers diesen "Preis wert" ist. Regelmäßig haben Studien belegt, dass der weitaus größte Teil der Spender auch unter schwierigen Bedingungen rückblickend sagen: Ich würde mich dem Empfänger zuliebe wieder ebenso entscheiden.
Literatur zu Thema
Michael Potts, David Evans: Is solid organ donation by living donors ethical?
Zu lesen in: Weimar, Bos, Busschbach (Eds.) Organ Transplantation - Ethical,
Legal and Psychosocial Aspects. Pabst, 584 Seiten, ISBN 978-3-89967-415-6