"Die westliche Psychologie ist als Wissenschaft bisher einseitig auf die ´nördliche und westliche´ Psyche fixiert. Sie ist vor allem mit sich selbst beschäftigt - eine Haltung, die bereits Eugen Bleuler als ´autistisch undiszipliniertes Denken´ charakterisiert hat. Wir benötigen deshalb als notwendige Ergänzung dringend eine ´Psychologie des Südens´ in Afrika, Asien und Lateinamerika, um zu einer ´wahren Welt-Psychologie´ zu gelangen, die sich auf das Erleben und Verhalten der gesamten Menschheit als Einheit gründet und zugleich die Vielheit der kulturspezifischen lokalen ´Psychologien´ berücksichtigt," fordert Hannes Stubbe. Wenn die westliche Psychologie ihren Ethnozentrismus überwindet und die fremden Psychologien ernst nimmt, steigen ihre Chancen, zu den Lösungen bedrohlicher Weltprobleme konstruktiv beizutragen.
Stubbe plädiert für eine Kooperation zwischen westlichen PsychologInnen mit KollegInnen aus Dritte-Welt-Ländern auf gleicher Augenhöhe. "Die Wechselwirkung, die dadurch zustande kommt, ist für beide Seiten ein großer Gewinn. Auf diese Weise kann selbst in der engen Welt der westlichen Psychologie sehr viel Innovation entstehen, die einerseits einen bescheidenen Beitrag zur Lösung der Probleme der Dritten Welt und der Weltprobleme, und anderseits, z.B. in Deutschland, wichtige Impulse für die Fortentwicklung der Psychologie leistet und innovative Wege sucht. Die vom Einsatz in der Dritten Welt zurückkommenden PsychologInnen stellen hier ein schöpferisches, erfahrenes und motiviertes Fachkräftepotential dar."
Stubbe, Hannes: Weltgeschichte der Psychologie
Pabst, 2021, 660 Seiten, Hardcover